2.2 Völklingen
Die Industriestadt mit rund 40.000 Einwohnern gehört zum Stadtverband Saarbrücken und liegt westlich, flussabwärts an der Saar. Bekannt ist die Völklinger Hütte, eine vollständig erhaltene Hochofenanlage, die zum UNESCO-Kulturerbe erklärt wurde (mehr in Kapitel 4.1). Die Saarstahl AG hat hier ihren Sitz.

Im Jahr 822 wurde ein Ort „Fulcolingas" erstmals erwähnt, der eine bäuerliche Siedlung bezeichnete. Die „hof und frie hofstadt folckelingen" gehörte zur Grafschaft Nassau-Saarbrücken.
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Im heutigen Stadtteil Geislautern entstand bereits 1572 die älteste Eisenschmelze. 1621 begann die Steinkohlenförderung im Tagebau.

Die Kernstadt tut sich schwer, ihren Ruf als „hässlichste Stadt Deutschlands" los zu werden. Viele Geschäfte stehen leer. 16

2.3 St. Ingbert
Die Mittelstadt mit etwa 37.000 Einwohnern gehört nach der Auflösung des gleichnamigen Landkreises 1974 zum Saarpfalzkreis. Sie liegt am Westrand des Pfälzerwaldes. Der Hl. Ingobertus, ein Bekannter des Hl. Wandalin (siehe 2.7), soll hier als Einsiedler um 580 verweilt haben. Eine Schenkungsurkunde erwähnt den alemannischen Ort zuerst 888 noch mit dem alten Namen Lantolvinga (Lendelfingen), der noch bis zum Dreißigjährigen Krieg parallel in Gebrauch blieb.
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Johann von der Leyen kam 1487 durch Heirat in den Besitz von St. Ingbert. 1637 wurde die Stadt bis auf die Kirche zerstört. Segensreich wirkte die letzte Gräfin Marianne. Nach dem Aufbau der barocken Stadt musste sie 1793 fliehen. Zuvor, 1789, hatten Bürger Schmelz, Kohlengruben und Wald besetzt; kurpfälzische und kurmainzische Truppen rückten ein. Nachdem Napoleon sieben Mal den Ort durchquert hatte, kam St. Ingbert 1816 an Bayern, was sich auch noch im Wappen abzeichnet.

Kohlebergbau wurde schon vor dem Dreißigjährigen Krieg betrieben, aber erst 1662 wieder aufgenommen. Eisenerze wurden verhüttet und mit Holz gehandelt. 1733 gingen Hütte, Schmelze und Hammerwerk in Betrieb. Die vielen kleinen Privatgruben wurden von Gräfin Marianne von der Leyen 1777 ohne Entschädigung eingezogen und dem Unternehmer Johann Wolfgang Falck übertragen. Das finanziell ruinierte Eisenwerk wurde von der Grafschaft selbst übernommen. 1784 gründete die Gräfin die Glashütte, zwei Jahre darauf die Alaunhütte. Der Bergbau wurde erst 1956 geschlossen, in den 70er Jahren auch die Glashütte. 17

Wir schauten uns kurz den Rischbachstollen von außen an, ein Besuch dort scheint nur nach Anmeldung möglich, da das Schaubergwerk ehrenamtlich betrieben wird. Anschließend wanderten wir über das Gelände von der Alten Schmelz, dem Eisenwerk. Zusammen mit den Arbeitersiedlungen bildet sie ein einzigartiges Zeugnis der Industrie- und Sozialgeschichte.

Die Eisenwerk-Siedlung spiegelt im Gebäudebestand die strenge hierarchische Abstufung der Belegschaft. Wir finden einfache Langhäuser für Arbeiter, in denen mehrere Wohnungen mit kleinsten Grundrissen zusammen gefasst sind. Fast alle Häuser sind so in den Hang gebaut, dass die Keller von der Straßenseite ebenerdig zugänglich sind. Dies erleichterte die Kleinviehhaltung im Haus.
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Die Wohnungen sind auf der Gebäude-Rückseite über eine niedrige Treppe zugänglich. Anfang des 20. Jh. kam als letztes ein Ledigenheim, ein sog. Schlafhaus, dazu für Arbeiter, die nur während der Arbeitswoche vor Ort waren. Meister und Angestellte, sog. Werkbeamte, bezogen größere Wohnungen, zuweilen auch Einzelhäuser. Für die beiden Direktoren baute man im Park repräsentative Villen. Anfangs wohnten die Hüttenherren selbst noch "auf dem Werk" in ihrem Herrenhaus. Seit 1994 werden die Häuser von einer neuen Wohnungsgenossenschaft gepflegt und in zeitgemäße Wohneinheiten umgewandelt. 18

2.4 Blieskastel
Mit etwa 22.000 Einwohnern ist Blieskastel eine Kleinstadt im Saarpfalzkreis. Sie ist Hauptort im Bliesgau, den Namen gab die Blies, ein Nebenfluss der Saar. Ein Römerkastell ist hier aber nicht nachgewiesen. Erstmals urkundlich genannt wurde der Ort 1098.

Die Grafen von Bliescastel (so die alte Schreibweise) starben 1237 aus. Über Metz und Trier kam die Herrschaft an Nassau-Saarbrücken. Die Grafen von der Leyen hatten hier bereits seit 1456 Besitz; als Reichsfreiherren bauten sie von 1661 - 64 ein Barockschloss. Bliescastel wurde 1773 unter Franz Karl von der Leyen Residenz; eine rege Bautätigkeit begann, doch der Graf starb bald. 19
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Die Witwe, die „große Reichsgräfin" Marianne von der Leyen geb. Dalberg - bekannt aus St. Ingbert - brachte Blieskastel zur kulturellen Blüte. 20 Architekt Peter Reheis hatte übrigens bei Friedrich Joachim Stengel in Saarbrücken gelernt.

Den Hang des Schlossberges hinunter wurde eine Straße mit prächtigen Bauten für die Hofbeamten angelegt, die wir heute noch in Harmonie und Sonnenschein betrachten können.

Nach der Vertreibung der Gräfin wurde das Schloss abgerissen, nur die sog. Orangerie steht noch - und dient Künstlern als Atelier.

Die kath. Pfarrkirche, die sog. Schlosskirche, fanden wir verschlossen vor, hier laufen Bauarbeiten. Sie war zunächst für das Franziskaner-Kloster geplant. Die Saalkirche mit eingezogenem Chor ist außen mit Pilastern gegliedert; Vorbild war der italienische Hochbarock. Der Hochaltar ist völlig vergoldet. In der Gruft liegen die Gebeine des Erbauerpaares.

Zum Verweilen lud der kleine geometrische Schlossgarten ein, benachbart sind Kindergarten und Schule. Wir genossen die Ruhe im Park, gingen hinunter in die beschauliche Altstadt mit ihren Straßenlokalen und genossen unsere Mittagspause. Dieser Ort ist zum Pausieren mehr als geeignet; uns fielen viele Hausschilder von Mitgliedern der Heilberufe auf, insbes. aus dem Bereich seelischer Leiden.
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2.5 Homburg
Nun kommen wir zur lebensfrohen 21 Kreisstadt des Saarpfalzkreises, Homburg, mit knapp 44.000 Einwohnern, gelegen an den Ausläufern des Pfälzerwaldes am Mittellauf der Blies. Der älteste Teil ist der Ort Schwarzenacker, hier wurden Fundamente einer Römerstadt ausgegraben (seihe Kapitel 3.2). Ob hier auch die Mediomatriker siedelten, ist strittig.
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Uns führte ab dem Bahnhof Herr Rothgerber. Der ursprüngliche Ortsname war Rothenfels. Die Ritter verpfändeten große Teile; bis zu zwölf Ritter teilten sich eine Burg. Im 12. Jh. saßen auf der Hohenburg die Grafen von Homburg. König Ludwig der Bayer verlieh 1330 Stadtrechte. Nach dem Aussterben der Grafen 1449 (bzw. dem Abwandern nach Luxemburg) kam der Besitz an Nassau-Saarbrücken. Der Dreißigjährige Krieg dauerte hier zwei Jahrzehnte länger, denn das Verhältnis zwischen Spanien und Lothringen wurde beim Friedensvertrag von 1648 ausgeblendet. Weil König Ludwig XIV. zwei „h" nicht aussprechen konnte, vereinfachte er den Stadtnamen auf Homburg.

Obwohl die Stadt an einem recht steilen Hang liegt, wurde sie unter Baumeister Vauban (siehe Kapitel 2.9) von 1679 92 zur Festung ausgebaut. Wenige Jahre später wurden die Festungsanlagen wieder geschleift. Reste wurden auf dem Schlossberg frei gelegt. 1755 kam Homburg an Pfalz-Zweibrücken. Repräsentative Gebäude in der Bahnhofstraße erinnern an die Zugehörigkeit zu Bayern.

Das Renaissance-Schloss soll einst das größte überhaupt gewesen sein; seine Gemälde-Sammlung ebenso mit etwa 2.600 Werken, welche die Grundlage der Münchner Pinakothek bildeten; nur wenige kommen zurück. Von Homburg zogen Mitte des 19. Jh. der Verleger Wirth und Landrat Siebenpfeifer zur Hambacher Burg („Hambacher Fest"), ein Bronzebrunnen erinnert daran. Viele Häuser haben hier Mansarden, weshalb? So gewann man ein Stockwerk mehr als eigentlich erlaubt. Der Weltkrieg brachte nur wenige Bomben nach Homburg. Die Talstraße verläuft auf einst sumpfigem Gelände, hier war die untere Mauer der Festung.
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Das eigentlich Besondere liegt unter der Stadt: die größte Bundsandsteinhöhle Europas. Unter dem Schlossberg sind die Höhlen in zwölf Stockwerken erhalten, außer dem zehnten sollen demnächst die beiden darüber öffentlich begehbar sein. Sie waren von den Franzosen auch als Pferdeställe in Gebrauch, anschließend verschlossen und vergessen und wurden erst 1930 wieder von Kindern entdeckt. Der gelbe Quarzsand daraus wurde genutzt: Als Einstreu auf Holzdielenböden, dann für die Glasproduktion und schließlich in der Eisengießerei.

Auch unter der Stadt bestehen noch etliche alte Keller; beim barocken Neubau der Häuser mit neuen Grundrissen blieben sie erhalten, auch unter dem Marktplatz. Leider fehlte uns die Zeit, einen Keller zu begehen, was durchaus bei Stadtführungen möglich ist.

Wir traten in die St.-Michael-Kirche ein, wo uns Pater Heinz Limburg den Chorraum kurz erklärte. Führungen bei ihm können bis zu zwei Stunden dauern. Eine katholische Kirche stand hier am Fuß des Schlossberges schon seit 1235. Das heutige Gotteshaus ist eine neoromanische Saalkirche von 1841. Der Neubau war umstritten, die Einwohner wollten ihn nicht und rissen die 1 m hohen Mauern wieder ein. Das Bauwerk aus roten Sandsteinquadern ragt hoch über den Marktplatz und prägt das Stadtbild. Zu den Kunstschätzen zählen zwei barocke Monstranzen, ein Kelch und das zu einem Rauchmantel umgearbeitete Hochzeitskleid der Maria Amalia von Pfalz-Zweibrücken. Das Kleid ist übrigens mottenfest, denn es besteht aus feinem Kupferdraht. Den Hochaltar mit Baldachin stiftete 1901 der bayerische Prinzregent Luitpold. 22 In Italien durchaus verbreitet, ist er einer von nur drei Baldachin-Altären in Deutschland. Die Wandbilder stehen im Zusammenhang mit der Eucharistie. Insgesamt hat Homburg 25 Kirchen, davon eine neue protestantische neben dem Weinkeller im Schlossberg. Auch eine Synagoge gab es, von der die Außenmauern gesichert wurden.
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Herr Rothgerber wies auf das gute Verhältnis zwischen Einwohnern und Arbeitsplätzen hin, hier nimmt Homburg Platz 7 in Deutschland ein, d.h. Homburg ist eine Hochburg von Einpendlern. Die Universität wurde 1947 von Nancy aus aufgebaut, Mainz wollte nicht.

2.6 Bexbach
Die Stadt im Saarpfalzkreis hat rund 18.000 Einwohner; sie ist wie einst ein Ritter nach dem Becksensbach benannt. Erstmals erwähnt wurde der Ort 1219. Eisenerz wurde ab dem 14., Steinkohle ab dem 16. Jh. abgebaut. Die damals rund 600 Einwohner kamen nach der Franzosenzeit 1816 zum bayerischen Rheinkreis. Viele Bewohner arbeiteten nicht nur im Bergwerk, sondern auch auf dem eigenen Bauernhof, sie waren folglich „Bergmannsbauern".
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Aus Mittelbexbach wurde 1955 Bexbach, mit ihm wurden Ober- und Niederbexbach und drei weitere Gemeinden 1974 zusammen gelegt. Aus Bexbach, Ortsteil Kleinottweiler, stammt übrigens Gerd Dudenhöfer, vielen Fernsehzuschauern bekannt aus der „Familie Heinz Becker", der das Klischee des typischen Saarländers verkörpert. 23 Die Kohlegrube in Bexbach wurde 1956/57 still gelegt, die Schächte aufgefüllt, die Abraumhalden bewaldet.

Im „Blumengarten" steht auf 10 x 10 m² der Hindenburgturm aus Beton, ein Wasserturm von 1931. Von Anfang an sollte er auch als Aussichtsturm dienen und ein Grubenmuseum beherbergen, siehe Kapitel 4.2). - Wir durchfuhren die Stadt nur, um das Bergbaumuseum zu erkunden.

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