2.4 Parma
Parma ist mit 175.000 Einwohnern die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz in der Region Emilia-Romagna. Neben Mailand, Turin, Genua, Bologna und Venedig ist Parma ein führendes Wirtschaftszentrum Norditaliens. Der Schwerpunkt ist die Nahrungsmittel-Industrie. So sind der
Parmesankäse (Parmigiano Reggiano) und der Parmaschinken "in aller Munde". Neben der Nudelfabrik Barilla ist vor allem der Milchkonzern Parmalat in letzter Zeit bekannt geworden. 6 Nach knapp zwei Jahren nach der Mega-Pleite in Folge des Bilanzfälschungs-Skandals ist der Milch-Riese im Oktober 2005 wieder an die Börse zurückgekehrt.
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Parma, ursprünglich eine etruskische Siedlung, wurde 183 v. Chr. als römische Bürgerkolonie gegründet. Unter Theoderich dem Großen und zur Zeit der byzantinischen Herrschaft ab 553 n. Chr. erlebte die Stadt eine Blüte. In der Folgezeit war Parma ein Spielball der Mächte: Von den Langobarden ging es über an fränkische Pfalzgrafen. 1322 kam Parma nominell an den Kirchenstaat, stand jedoch meist unter mailändischer und auch französischer Herrschaft (1500 - 12, 1512 - 21). 1545 - 1860 war es Hauptstadt des Herzogtums Parma, das Papst Paul III. für seinen unehelichen Sohn Pier Luigi Farnese schuf. Sein Nachfolger Ottavio Farnese dehnte das Herzogtum auch auf Piacenza aus. Unter den Farnese entfalteten sich Kultur und Wissenschaft. 7

Auf dem Wiener Kongress wurde Parma von den Großmächten für die österreichische Kaisertochter und bisherige französische Kaiserin Marie Louise auf Lebenszeit reserviert. Nach der Niederlage der Schutzmacht Österreich gegen das Frankreich Napoleons III. 1859 schlossen sich 1860 die revolutionären Doppelherzogtümer dem Königreich Sardinien an und gingen 1861 im neuen Einheitsstaat Italien auf.

Allgegenwärtig sind in Parma Giuseppe Verdi mit seinem Sommerfestival und der Dichter Henry de Stendhal, ein großer Bewunderer von J. J. Winkelmann aus Stendal.

Vom Parc Ducale mit seiner Sommerresidenz über die Brücke über den Parma-Fluss gelangt man direkt zum Palazzo della Pilotta. Er enthält mehrere Museen wie die Galleria Nazionale (mit Werken Correggios), das Museo Nazionale d'Antichità (Antikensammlung), die Biblioteca Palatina und das Teatro Farnese. Dieses Schauspielhaus war 1619 das größte Hoftheater in ganz Europa mit 4.500 Plätzen. Sein Zuschauerraum wurde erstmals nicht im Halbkreis, sondern in Form eines Hufeisens angelegt. Das Teatro Farnese ist zweifellos eines der faszinierendsten historischen Theater der Welt, einzigartig sowohl architektonisch wie durch seine spektakulären Vorstellungen. 8

Die gesamte Anlage war zum Imponieren ausgelegt. Parma sollte von den Bourbonen in ein kleines Paris verwandelt werden. Weil dabei das Geld ausging, wurde das ganze Ensemble nur notdürftig vollendet. Die schweren Kriegsschäden sind weitgehend behoben, die frühere Dominikanerkirche wurde aber nur als Wasserbecken mit Pappeln anstelle der Säulen angedeutet.
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Das mittelalterliche Stadtzentrum bildet der Domplatz mit dem bischöflichen Palast (13. Jh.) und dem Dom. Diese monumentale Basilika ist eine der schönsten romanischen Kathedralen Italiens. Sie wurde 1046 unter Kadaloh von Parma begonnen, 1117 von einem Erdbeben beschädigt und wieder erbaut als Pfeilerbasilika. Der eher gotische Turm wurde bis 1294 errichtet. Über dem Hauptportal ist ein Fries eingehauen mit den sog. Monatsbildern, die in den Städten der Emilia häufiger vorkommen. Im rechten Querschiff finden wir das Relief von Benedetto Antelami von 1178 mit der Kreuzabnahme (Foto links).

Die Kuppel über der Vierung zeigt, vom Künstler Correggio 1526 - 30 geschaffen, das großartige Fresko der Aufnahme Mariens in den Himmel. Diese Darstellung geriet wegen des vielen sichtbaren Fleisches von allerlei Engelchen früh in die Kritik (Foto rechts).

An der Schmalseite links vom Dom steht das Baptisterium, die Taufkirche auf achteckigem Fundament, die ganz aus rosa Marmor errichtet wurde. Sie gilt als das bedeutendste und fortschrittlichste Bauwerk des italienischen Mittelalters aus der Zeit des Übergangs von der Romanik in die Gotik.
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Drei Portale führen hinein. Die "Porta della Vergine" an der Nordseite zeigt Szenen aus dem Leben Johannes des Täufers von der Taufe Jesu bis zur Enthauptung. Das Westportal bildet die sechs Werke der Barmherzigkeit, das Gleichnis vom Weinberg, Christus als Weltenrichter (unten) und das Jüngste Gericht ab. Auf dem Südportal ist die Legende von Barlaam und Josaphat, ein orientalisches Märchen, zu betrachten. 9
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Die von Antelami 1196 begonnene Taufkirche hat Loggien in fünf Geschossen. Der feierliche Innenraum ganz im gotischen Stil gewinnt durch sechzehn Rippengewölbe an Höhe, die spitzbogig im Schlussstein ringförmig zusammen laufen. Wie der Dom ist das Baptisterium innen reich bemalt mit Szenen aus dem Alten Testament wie Sodom und Gomorra oder das Opfer des Isaak. Die großen Plastiken symbolisieren die Jahreszeiten und Tierkreiszeichen. In der Mitte steht das ebenfalls achteckige doppelte Immersions-Taufbecken vom Ende des 12. Jh.
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Die Kirche Santa Maria della Staccata (am Lattenzaun) hat einen zentralen Grundriss. Die Bedeutung des Kreuzes Christi wurde in der Renaissance geändert hin auf den Himmel in der Kuppel. Die Kirche präsentiert sich als elegantes Gebäude im Bramante-Stil, dessen Struktur mit griechischem Kreuz sich in halbrunde Altarnischen und quadratische Kapellen gliedert. Die Kirche, eines der höchsten Bauwerke der Stadt, wurde 1512 begonnen als Aufbewahrungsort für ein Bild der Madonna, das für Wunder bringend gehalten wurde. Im Innern sieht man die berühmten Freskenmalereien von Parmigiano im Bogen der Apsis. In einer unterirdischen Grabkapelle liegen die sterblichen Überreste von Mitgliedern der Adelsgeschlechter der Farnese und der Bourbonen.
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Hinter der Apsis des Domes steht das Benediktiner-Kloster San Giovanni Evangelista (Johannes der Evangelist), das 985 zur Krankenpflege gegründet wurde. Das Renaissance-Gebäude von 1498 - 1510 hat eine Barock-Fassade von 1607. Auch der originelle Turm ist barock. Der auf Grund seiner malerischen Dekorationen gefeierte Innenraum erweist sich, mit auf seinem lateinischen Kreuz und den drei durch klassische, kannelierte Pfeiler abgegrenzten Kirchenschiffen, als sehr großzügig. Die Kuppel wurde zwischen 1520 und 21 mit großartigen Fresken von Correggio, ausgemalt. Von den herrlichen Kreuzgängen (links Uhr und das Benediktiner-Motto "ora et labora" - "bete und arbeite") sind die antike Drogerie bzw. Apotheke und die Kloster-Bibliothek mit illuminierten Kodexen aus dem 15. und 16. Jh. zugänglich.

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