1.3 Könige und ihre Kriege 5
Laut Prof. Matthée brachte das Haus Burgund den Aufstieg, das Haus Avis Blüte und Weltgeltung und das Haus Braganza die Dekadenz. Doch lassen Sie uns ins Detail gehen.

Das Land war einst von Kelt-Iberern bewohnt. Die Kelten siedelten meist an den Rändern Europas. Drei bekannte Fußballvereine nennen sich heute nach ihnen: „Celta de Vigo" im spanischen Galicien, „Celtic Glasgow" im britischen Schottland und „Galataserei Istanbul" in der Türkei. Kennzeichnend für die Kelten ist heute noch als Musikinstrument die Sackpfeife (Dudelsack).

Im Jahr 711 eroberte Tariq ibn Ziyad das Land für den Islam, das Königreich der Westgoten wurde zerstört. Das Gebiet des heutigen Portugal wurde ein Teil des Kalifats von Córdoba. Unter Pelagrius bildete sich eine Widerstandsbewegung; so konnte 718 Pelagrius bei Poitiers die Mauren schlagen und nahm den Titel eines Fürsten von Asturien an. Mit dem Sieg bei Covadonga 722 begann die Reconquista, die Rückeroberung der Halbinsel, die erst 1492 mit dem Fall von Granada endete. Portugal war bereits 1128 vollständig von den Mauren befreit.

König Alfons III. von Asturien eroberte 866 Coimbra (867 wieder verloren), 868 Porto. Erst 1064 gelang es König Ferdinand I. von Kastilien und León, Coimbra wieder zu erobern. Sein Nachfolger, Alfons VI., der Tapfere, wurde im Jahr 1065 König von Asturien-León und nahm bis zum Jahr 1073 auch den Titel eines Königs von Kastilien, Galicien und Portugal an. Portugal erhob er zur Grafschaft (Comitatus Portaculensis), benannt nach dem alten römischen Hafen Portus Cale, dem heutigen Porto. 1086 unterlag Alfons den Almoraviden. Darauf rief er die Kreuzfahrer zur Hilfe. So kamen auch burgundische Ritter ins Land.

Unter diesen Rittern war auch Heinrich von Burgund, der Theresa von Kastilien, die Tochter von Alfons VI. heiratete. Als Mitgift erhielt er die gerade eroberten Gebiete in Nordportugal (Entre Minho e Douro, Tros os montes, Beira, Porto, Braga, Veseu und Coimbra). Heinrich gründete 1104 das Erzbistum Braga und die Bistümer Porto, Lamego, Viseu und Coimbra. Die Stadt Guimarães, die sich stolz die „Wiege Portugals" nennt, wurde seine bevorzugte Residenz.

1135 verweigerte Alfons I. dem König Alfons VII. von Kastilien-León den Lehnseid, der 1137 die Oberhoheit von Alfons I. über die Grafschaft Portugal anerkennen musste. Im Vertrag von Zamora 1143 wurde festgestellt, dass Portugal nicht mehr seiner Lehnshoheit unterstand; 1179 erkannte Papst Alexander III. die Unabhängigkeit an.

Der Kampf gegen die Mauren, die Reconquista, ging indes weiter. Alfons I. gewann 1139 die Schlacht bei Ourique (bei Beja). 1147 fielen Santarém und Lissabon an die Christen, letzteres mit Rittern des 2. Kreuzzuges. Alfons I. gründete das Kloster Alcobaça und stiftete den Ritterorden von Avis.

Alfons Sohn, Sancho I., holte die Zisterzienser ins Land. Es kam zu einem Streit mit der katholischen Kirche wegen der Ehe seiner Tochter. Wie in anderen Ländern Europas auch hatte die Kirche sich riesige Ländereien angeeignet und war vor der Krone zum größten Landbesitzer aufgestiegen.

Sanchos Sohn Alfons II. berief 1211 die ersten Cortes (Cortes von Coimbra) ein und schuf das erste zusammen hängende Gesetzeswerk Portugals. Auch er versuchte, die Königsmacht gegenüber Kirche und Adel zu stärken.

Der Streit mit der Kirche dauerte auch unter Sancho II., Alfons II. Sohn, an. Ihm gelang es, die östliche Algarve und das Alentejo von den Mauren zu erobern (Sieg bei Aimonte 1239). Die Auseinandersetzung mit der Kirche spitzte sich wieder zu, so dass Sancho nach Toledo ausweichen musste.

Alfons III., der viele Jahre am französischen Hof gelebt hatte, übernahm 1247 den Thron, nachdem er seinen Bruder nach einem längeren Bürgerkrieg besiegt hatte. 1250/51 konnte Alfons die Algarve von den Mauren zurück erobern. Damit war die Reconquista von Portugal abgeschlossen. Er verlegte 1256 die Hauptstadt von Coimbra nach Lissabon. Christliche Militärorden, insbesondere die Templer und die Malteser, bekamen für ihre Hilfe bei der Rückeroberung große Landgebiete. Die Templer jedoch nutzten ihre Satzungs- und Steuer-Autonomie aus, wodurch sie die Königreiche durchlöcherten wie Schweizer Käse, erklärte uns Prof. Matthée.
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Alfons ältester Sohn Dionysius musste sich von Anfang an mit den Machtansprüchen seines Bruders Alfons auseinander setzen. Später kam es zu einem Grenzkrieg mit Kastilien, der 1297 im Vertrag von Alcañices beendet wurde. Diese Grenze entspricht im Wesentlichen noch der heutigen zwischen Portugal und Spanien und gilt als die älteste Landgrenze Europas. Auch zu Kirche und Papsttum konnte Dionysius eine Lösung finden.

1290 verlieh der Papst den portugiesischen Santiago-Rittern das Vorrecht, sich einen eigenen Provinzialmeister zu wählen. Papst Johannes XXII. erlaubte Dionysius sogar 1319, aus dem portugiesischen Teil des 1312 aufgelösten Templerordens einen eigenen, nationalen, den Christusorden, zu gründen, sozusagen als Auffanggesellschaft, wie Prof. Matthée es nannte. Das Vermögen des Ordens diente der Ausbildung der Seefahrer und letztlich der Eroberung der Welt.

Dionysius baute 50 Grenzfestungen. Er gründete die erste portugiesische Universität in Coimbra, der er sein Palast-Areal überließ. Der König förderte die portugiesische Sprache gegenüber dem Lateinischen. Mit England schloss er einen Handelsvertrag, den ersten einer lange Reihe in der Geschichte dieser beiden Länder. Er ließ eine eigene Flotte bauen und förderte den Handel. Portugal hatte etwa eine Million Einwohner. Dionysius wird zu den großen portugiesischen Königen gezählt.

Dionysius Sohn Alfons IV. musste 1325 sich mit seinen Halbbrüdern auseinander setzen, die er aus Portugal verbannte. Es kam zu Zerwürfnissen mit Kastilien. Erbprinz Peter (später Peter I.) vernachlässigte seine Frau, eine kastilische Prinzessin, wegen seiner Geliebten Inês de Castro.

Peter I. war bereits im Alter von fünf Jahren verheiratet worden, weigerte sich als Erwachsener aber, diese Ehe zu vollziehen. Auch seine zweite von seinem Vater arrangierte Ehe wollte er nicht. Peters wirkliche Liebe galt einer kastilischen bzw. galizischen Adligen, die als Hofdame mit seiner Frau gekommen war: Inês de Castro.
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Der König befahl ihr, das Land zu verlassen. Nach dem Tode von Peters zweiter Frau bei der Geburt des Kronprinzen ließ Peter sie wieder zurück holen. In Coimbra verlebten beide vier glückliche Jahre, in denen sie ihm ebenso viele Söhne gebar. Der portugiesische Adel sah es mit Argwohn, dass Kastilien Einfluss auf die portugiesische Politik hätte gewinnen können. Alfons IV. sah sich zum Handeln gezwungen. Eine Abwesenheit seines Sohnes nutzte er, um am 7. Januar 1355 Inês de Castro aus ihrem Landhaus (später Quinta das Lagrimas - Landhaus der Tränen genannt) bei Coimbra zu holen, als Hexe zu verurteilen und zu enthaupten. Diese Tat verursachte einen Bürgerkrieg zwischen Sohn und Vater. 1357 starb der Vater, doch der Sohn hielt sich scheinbar an seinen Eid, keine Rache mehr zu üben. Vielleicht half ihm auch eine neue Geliebte, die ihm einen weiteren Sohn - den späteren Großmeister von Avis und Begründer der zweiten portugiesischen Dynastie - gebar. Aber Peter erreichte die Auslieferung von zwei der drei nach Kastilien geflohenen Beratern seines Vaters, die Inês Ermordung geplant hatten. Er ließ sie grausam foltern und ihre Herzen heraus reißen. Der Legende nach soll er die Tote aus dem Kloster Santa Clara in die Kathedrale von Coimbra überführen und festlich in Krönungsgewänder kleiden lassen haben. Der Hofstaat musste ihr huldigen und ihre tote Hand küssen. Der Bischof von Braga musste bekennen, einst Peter und Inês heimlich getraut zu haben. - Beide reich verzierte Sarkophage stehen sich in der riesigen Klosterkirche von Alcobaça mit ihren Fußenden gegenüber, so dass „am Tage des Jüngsten Gerichts der beiden Blicke ... auf ihr Liebstes fallen", so hatte es der König gewünscht. 6
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Peters einziger legitimer Sohn Ferdinand I. schaltete sich in die kastilischen Thronwirren ein. Portugals Krieg verlief allerdings wenig erfolgreich. Ferdinand musste auf seine Ansprüche verzichten und sollte eine kastilische Prinzessin heiraten. Er verliebte sich allerdings in Leonore Teles de Menezes, eine portugiesische Adlige und heirate sie. Der kastilische König Heinrich griff Portugal an und plünderte 1373 Lissabon. Portugal verbündete sich mit England, das eigene Ansprüche auf den kastilischen Thron hatte. Portugal wurde Nebenschauplatz des Hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich. Da die Briten nicht die versprochenen Truppen schickten, musste Ferdinand Frieden mit Kastilien schließen.

Ferdinand hatte keinen Sohn, nur eine Tochter, Beatrix. Sie wurde mit zehn Jahren einem britischen Earl oder dem kastilischen Thronfolger versprochen. Der Earl musste jedoch nach der Niederlage gegen Kastilien das Land verlassen. Ferdinand versuchte verzweifelt, das Überleben Portugals zu sichern. 1383 ging Beatrix nach Kastilien, um dessen verwitweten König Johann I. zu heiraten. Portugal sollte seine Autonomie behalten.

Nach Ferdinands Tod marschierten die Kastilier mit 28.000 Rittern ein. Die Cortes erklärten Johann von Avis (den letzten unehelichen Sohn Peters I.) zum Regenten und Verteidiger des Vaterlandes. Die Kastilier mussten nach sechs Monaten Belagerung von Lissabon, das von 7.000 Mann Fußmiliz verteidigt wurde, wegen der Pest abziehen. Johann verbündete sich mit England; mit dessen Hilfe gelang es ihm, in der Schlacht von Aljubarrota (1385) Kastilien entscheidend zu schlagen. Hierbei gaben 200 englische „Longbows, Langbogen aus karpatischem Eibenholz, deren Pfeile die Ritterrüstung durchschlagen konnten, als neue Wunderwaffe den Ausschlag. Der Feldherr Nuno Álvares Pereira wurde 1918 sogar selig gesprochen. Damit waren die Versuche Kastiliens, Portugal zu erobern, für immer abgewehrt. Jedoch hat nach Prof. Matthée Spanien Portugal nie wirklich anerkannt. Seither besteht eine englisch-portugiesische Freundschaft.

Johann gilt als einer der größten portugiesischen Könige. 1386 unterzeichnete er den Vertrag von Windsor, mit dem sich Portugal und England dauerhaft gegen spanische Hegemonie-Bestrebungen verbündeten. Diese Allianz sollte bis ins 19. Jh. Bestand haben. 1387 heiratete er Philippa von Lancaster.

Seine Tochter Elisabeth (Isabel) verheiratete Johann mit Herzog Philipp dem Guten von Burgund, dadurch wurden vorteilhafte Handelskontrakte mit Flandern geschaffen, das damals die aufstrebendste Wirtschaftsmacht in Europa war. Johann gelang das Kunststück, Stammvater zweier Dynastien zu werden, denn neben seinem legitimen Nachkommen, die das Haus Avis bilden, hatte er einen unehelichen Sohn, Alfons, der später Herzog von Braganza wurde und damit Stammvater jenes Hauses, das Avis beerben sollte.

Portugal begann sich erstmals außerhalb des europäischen Kontinents zu engagieren. Somit legte er den Grundstein für die späteren Expeditionen seines Sohnes, Heinrich des Seefahrers, die die Basis für den Aufstieg Portugals zu einem der größten Kolonialreiche der Welt legen sollten.

1.4 Entdeckungen und Eroberungen 7

1.4.1 Heinrich der Seefahrer
Heinrich (auf der Bugspitze des Denkmals "Padrão dos Descobrimentos" in Lissabon-Belem) war schlank und muskulös und hatte blondes Haar, das er von seiner englischen Mutter geerbt hatte. Mit 21 hatte er 1415 Ceuta vor der marokkanischen Mittelmeerküste von den Mauren erobert. Dort erfuhr er von Kaufleuten vieles über die Goldhandelswege durch die Sahara nach Süden. Er sah jedoch ein, dass eine Eroberung Marokkos die Kräfte seines kleinen Landes überfordern würde. Aber Portugal hatte große Möglichkeiten zur See, um den Handel an seiner Quelle, die man am Golf von Guinea vermutete, abschneiden zu können.
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Prinz Heinrich setzte sich zwei Ziele: die Herkunft des Goldes und des Elfenbeins, der Sklaven und des Pfeffers, ausfindig zu machen sowie zum Priesterkönig Johannes Verbindung aufzunehmen, mit dem er einen Kreuzzug zu unternehmen hoffte, der ein für allemal mit den Muslimen in Nordafrika und dem Heiligen Land aufräumen sollte. Mit diesen Zielen gründete Heinrich in Sagres, an der portugiesischen Küste, eine Akademie, wo sich Gelehrte geografischen, kartografischen und astronomischen Studien widmeten. 1419 begann er mit der Ausrüstung von See-Expeditionen. Er selbst ist nie weiter als bis Tanger gereist, bekam dennoch den Beinamen „der Seefahrer".1419 wurde Porto Santo, 1420 Madeira entdeckt, 1427 die Azoren von Portugal kolonisiert.

Als 1433 Johann I. starb, wurde Eduard (Duarte) sein Nachfolger, der die Expeditionen seines jüngeren Bruders Heinrich nachdrücklich förderte. Eduard war hoch gebildet und ging als der Philosophen-König in die Geschichte ein.

Alfons V. kam nach dem frühen Tod seines Vaters schon mit sechs Jahren auf den Thron. Sein Onkel regierte für ihn, wollte aber diese Macht nicht wieder abgeben. Der junge König verbündete sich mit dem Herzog von Braganza und stärkte damit den Adel zu Lasten des Königtums.

An der afrikanischen Küste näherte man sich dem Unbekannten, aus der Sicherheit des Vertrauten, Kap um Kap. Kap Non wurde so benannt, weil die Sage ging, kein Seemann, der an ihm vorbei führe, würde je wiederkehren. Das Kap Bojador, etwa 500 km südlich von Kap Non, wurde 1434 von Kapitän Gil Eanes passiert. Prof. Matthée zitierte einen alten Spruch von damals: "Wer jenseits des Kaps der Tränen kreuzen will, muss auch jenseits des Schmerzes kreuzen können."

1440 wurde in Arguim in Afrika ein Handelsposten errichtet. Auf Heinrichs Anweisung wurde 1441 die erste Karavelle (bedeutet „kleines Segel) gebaut, die vor viel weniger Wind fahren konnte als die schweren Galeonen. Auch 1441 kehrte eine Expedition aus dem Gebiet des Rio de Oro mit einer Ladung Negersklaven zurück. Dies ist der Beginn des unmenschlichen Handels mit Afrika, dessen Ergebnisse uns noch immer verfolgen. Um 1445 waren zwei andere bedeutende Vorgebirge umfahren: Kap Blanco (Cabo Branco), wegen seines weißen Sandes, und Kap Verde, wegen seiner üppigen Vegetation so benannt. 1447 war Kap Leone erreicht. Kapitän Diaz bemerkte, dass die Küste sich nach Osten zu wenden begann. War Afrika nun bald umfahren?

1444 und 1455 wurde der Fluss Senegal befahren, 1457 wurden die Kapverden entdeckt und dem Christusorden (den ehemaligen Templern) übergeben. 1460 wurde Guinea erreicht, in diesem Jahr starb Heinrich.

Eine zunächst für einen Kreuzzug aufgestellte Truppe von 12.000 Mann wurde 1458 nach Nordafrika umgelenkt. Alfons erhob 1471 nach dem Fall von Tanger Ansprüche auf Nordafrika: „rei de Portugal e do Algarve, Senhor de Septa, Senhor dAlcacere em Africa".

Die Suche nach dem Gold Afrikas hatte sich bald als Enttäuschung erwiesen. Man begann sich daher für die wertvollen Gewürze aus Indien zu interessieren. Um dahin zu kommen, musste man Afrika ganz umfahren. Dieses Ziel entschwand in immer weiterer Ferne, als die Entdecker feststellten, dass sich die Küste scheinbar endlos nach Süden erstreckte. Portugal war bald nicht mehr allein auf dem Plan; schon 1459 begann Spanien Ansprüche auf die wenigen gesunden, bequemen und sicheren Häfen an der riesigen afrikanischen Küste anzumelden.
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König Johann II. beerbte Alfons V., der die Königsmacht gegen den Adel wieder herstellen konnte. 1482 wurde die Festung São o Jorge da Mina (Elmina) an der Goldküste (heute Ghana) gegründet und damit nicht nur Sklaven aus Nord- und Westafrika, sondern auch das Gold des Sudans gewonnen. Die Einkünfte des Staates verdoppelten sich.

Lissabon wurde „Königin der Weltmeere", denn Venedig, die Königin des Mare Nostrum (Mittelmeer) saß nun ebenso in der Falle wie schon vorher Lübeck, die Krone des Mare Baltikum (Ostsee) durch den dänischen Sundzoll (der 2/3 von dessen Staatseinnahmen ausmachte) geraten war, wie Prof. Matthée betont.

1.4.2 Diogo Cão
Eine der ersten Maßnahmen des neuen Königs war die Entsendung von Diogo Cão, um den Seeweg nach Indien zu finden. Seine Reisen spiegelten die Entschlossenheit der Portugiesen wider, ihre Ansprüche auf die afrikanische Küste zu behaupten. Cãos Schiffe waren mit „Padrões" (Einzahl „Padrão") ausgerüstet, also Steinkreuze mit Inschriften in lateinischer, portugiesischer und arabischer Schrift. Diese ließ er an auffälligen Landmarken als Zeichen portugiesischer Inbesitznahme aufrichten. Ein Steinkreuz errichtete er an der Mündung des Kongo, die er 1483 erreichte, und ein anderes am Kap Cross, dem südlichsten Punkt seiner Reise.

1.4.3 Pero da Covilha
Covilha reiste als Geheimagent auf dem Landweg nach Kairo. Dort blieb er drei Monate lang, schloss sich dann einer Karawane zum Jemen an. Von Aden aus schiffte er sich nach Kalikut ein, wohin der Monsun zu dieser Jahreszeit alle Schiffe treibt. Die Araber hatten Karten, Kompasse und Quadranten, die präziser waren als die europäischen. Der westliche Indische Ozean war ein „arabisches Binnenmeer".

1.4.4 Bartolomëu Diaz
Der König schickte 1487 eine neue Expedition unter Bartolomëu Diaz mit drei Schiffen (rechts: Modell in einer Kirche in Viana do Castelo) aus mit dem Auftrag, Afrika zu umsegeln und mit dem Priesterkönig Johannes Kontakt aufzunehmen. Als Diaz bis zur Höhe des heutigen Lüderitz (benannt nach einem Bremer Kaufmann), etwa 800 km nordwestlich vom Kap der Guten Hoffnung, vorgedrungen war, wurde er von heftigen Stürmen nach Westen abgetrieben. Als sich das Meer beruhigt hatte, war er in der Mossel Bay angekommen. Er war vom Sturm um das Kap getrieben worden. Er setzte die Fahrt fort und erreichte an der Küste, die jetzt nach Nordosten verlief, den Great Fish River.
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Seine Männer zwangen ihn jedoch zur Heimreise. Dabei sah er das Kap, das er „Cabo Tormentoso" - „Kap der Stürme" nennen wollte, aber König Johann entschied, es solle „Cabo da boa esperanza" - „Kap der guten Hoffnung" heißen.

Die Aufteilung der Welt begann 1481, als der Papst die Bulle „Aeterni regis" veröffentlichte, in der er alle Länder südlich der Kanarischen Inseln Portugal zusprach. 1493 bestimmte eine neue Bulle „Inter Caetera" dass alle Länder östlich des 38. westlichen Längengrades an Portugal und die westlich an Spanien fallen sollten. Durch die Vermittlung des Papstes wurde 1494 der Vertrag von Tordesillas mit Spanien geschlossen, der die Demarkationslinie nach Westen auf den Meridian 46° 37 verschob, wodurch Portugal Brasilien als Anteil erwerben konnte.

Johann II. ist aber auch der König, der Christoph Kolumbus seine Hilfe bei der Suche nach einem Westweg nach Indien verweigerte, die dieser dann von den spanischen katholischen Königen erhielt. König Emanuel I. war durch seinen Vater schon früh mit hohen Ehren ausgestattet worden; so war er Herzog von Viseu und Beja und Großmeister des Christusordens. Nach dem Tode des Kronprinzen wurde er 1491 zum Thronfolger bestimmt und trat 1495 die Regierung an. Durch das blühende Handelsimperium wurde er zum reichsten Herrscher Europas.

1.4.5 Vasco da Gama
Der Mann, der von Emanuel erwählt wurde, die Erfolge von Diaz fortzusetzen, war Vasco da Gama. Dieser steuerte einen revolutionären Kurs: Von den Kapverdischen Inseln fuhr er auf den offenen Ozean hinaus und in weitem Bogen nach Westen - wodurch er die Böen und Strömungen der afrikanischen Küstengewässer vermied - bis er die vorherrschenden westlichen Winde erreichte, die ihn zum Kap der Guten Hoffnung zurück brachten. In der Mossel Bay errichtete er einen Padrão, den die Eingeborenen prompt wieder umwarfen, und setzte seine Reise fort. Den Flüssen gab er Namen wie „Natal" nach Weihnachten als gutes Omen.

Endlich erreichte er die blühende Handelsstadt Moçambique, wo große Schiffe von ungewöhnlicher Form an den Molen lagen und eingeborene Händler auf den Kais feilschten.  Hier, in der Meerenge zwischen Madagaskar und dem afrikanischen Festland, ist für die Araber „das Ende der Welt". Mit Hilfe seiner Männer, die in maurischer Gefangenschaft Arabisch gelernt hatten, erfuhr da Gama, dass weiter im Norden großen Häfen lagen, wo Gewürze, Perlen und Rubine gehandelt wurden. Der an Bord genommene Lotse erwies sich als nicht so fähig wie erhofft, so dass er sogar ausgepeitscht wurde. In Mombasa, einem Hafen im heutigen Kenia, stießen die Portugiesen auf tiefes Misstrauen; sogar einen Kaperversuch gab es. Da Gama fuhr weiter nach Malindi, wo er vom Sultan Willkommen geheißen wurde. Dort fand er eine Hindu-Gemeinde vor, war aber felsenfest davon überzeugt, sie seien Christen. Er nahm sie als Beweis für die Nähe des Priesterkönigs Johannes. Zu seinem Glück fand er einen Mann vom indischen Stamm der Gujarati, der ihm nicht nur anbot, ihn über das Arabische Meer zu führen, sondern sich obendrein als einer der erfahrensten und gelehrtesten Lotsen seiner Zeit erwies. Der indische Hafen, in dem da Gama nach nur 23 Tagen vor Anker ging, war Kalikut (nicht zu verwechseln mit Kalkutta) westlich der Südspitze des Subkontinents. Dieser Ort galt als einer der bedeutendsten Handelsplätze an der Malabar-Küste.
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Als da Gama 1499 wieder in den Hafen von Lissabon einlief, hatte er 24.000 Seemeilen zurück gelegt, von 170 Männern waren nur 44 übrig geblieben. König Emanuel schrieb jubelnd einen Brief an Ferdinand und Isabella von Spanien.

Dem Entdecker folgten die Eroberer, zunächst Francisco de Almeida, danach Alfonso de Albuquerque, der zum Gouverneur von Portugiesisch-Indien ernannt wurde. 1510 wurde Goa besetzt, das sich schnell zur bedeutendsten portugiesischen Handelsniederlassung in Indien entwickelte. Im Jahr darauf eroberte de Albuquerque Malakka (heute Melaka in Malaysia); damit konnte der Weg zu den Gewürzinseln kontrolliert werden. Das Handelsmonopol der Araber war durchbrochen.

1.4.6 Pedro Álvares Cabral
Nachdem da Gama den Seeweg nach Asien gefunden hatte, ernannte König Emanuel I. Pedro Álvares Cabral zum Befehlshaber der zweiten königlich-portugiesischen Indien-Expedition. Mit 1.500 Mann auf 13 Schiffen stach er am 9. März 1500 von Lissabon in See. Bei den Kaverdischen Inseln ließ Cabral die Schiffe nach Westen ausholen, um die Passatwinde zu nutzen. Der Äquatorialstrom trieb seine Flotte zur Küste eines bis dahin unbekannten Landes: Brasilien. Cabral nahm das Land am 21. oder 24. April für die Krone in Besitz und nannte es „Ilha da Vera Cruz - „Insel des Wahren Kreuzes, da es die Portugiesen anfänglich für eine Insel hielten.

Es gibt Historiker, die meinen, dass Cabral bewusst nach Brasilien gesteuert sei, da die Existenz von Land seit Ende 1498 bekannt war. Auch die Spanier beanspruchten dieses Land im Januar 1500. Noch gewagtere Meinungen gehen davon aus, dass die Portugiesen schon vor dem Vertrag von Tordesillas 1494 von der Existenz von Teilen der brasilianischen Küste wussten.

1.4.7 Fernão de Magalhães
Ähnlich wie mit Christoph Kolumbus war es mit Fernão de Magalhães, dem der König Emanuel eine Erhöhung seiner minimalen Rente versagte. Fernando de Magellan, wie er sich künftig nannte, verließ Portugal und wandte sich an den König von Spanien. 8

Obwohl er seine Fahrten in spanischen Diensten unternahm, war er doch Portugiese und soll hier beschrieben werden. Er war ein kleiner Edelmann aus der Estramadura, der schon einige Abenteuer durchlebt hatte. Sein Plan war, den unbekannten Ozean zu erkunden, den eine spanische Kolonne westlich von Panama entdeckt hatte, nachdem sie die Landenge zu Fuß überquert hatte. Er war überzeugt, dass es im Süden einen Durchgang geben müsse, der den Atlantik mit dem damals Südmeer genannten Ozean verbindet. Wenn er von dort aus immer weiter nach Westen führe, müsse er zunächst die Molukken, dann Indien erreichen. Damit wäre die Weltumsegelung und der Plan von Kolumbus, Indien auf dem Weg nach Westen zu erreichen, endlich Wirklichkeit. König Karl V. von Spanien sah in dem Plan nur eines: die Annektierung der Molukken, deren Zugang von Osten über Indien zum Monopol der Portugiesen gehörte.

Am 10. August 1519 stach Magalhães in See mit einem Geschwader von fünf Schiffen. Drei Monate später hatte er Brasilien erreicht und tauschte dort Lebensmittel ein. Mitte Dezember fuhr er in die Bucht von Rio de Janeiro, dem vermeintlichen Fluss des Januar, ein. Im Januar erforschte er die Mündung des Rio de la Plata, des Silber-Flusses. Den ganzen Februar und März suchte die Flotte einen Durchgang nach Westen - vergebens. Die Stimmung sank, die See wurde immer rauer, die Stürme immer häufiger. In der Nacht zum 1. April ereignete sich eine schlimme Meuterei, der Magalhães nur mühsam Herr wurde. Im Oktober 1520 - ein Schiff war inzwischen verloren - wurde ein Kap umsegelt, hinter dem sich eine enge, aber tiefe Fahrrinne öffnete. Zwei der vier Schiffe fuhren in die Bucht ein. Nach Tagen kehrten die beiden Schiffe mit fliegenden Wimpeln zurück. Magalhães beschloss, die Meerenge zu bezwingen. In 27 Tagen und Nächten fuhr man zwischen Patagonien (dem „Land der Großfüße) und dem Terra de Fuego, dem Feuerland, hindurch. Am 23. November war schließlich der neue Ozean erreicht, den Magalhães den pazifischen, stillen Ozean nannte. Ein Schiff verschwand jedoch heimlich, es hatte den Heimweg angetreten. (Unten: das Kreuz des Südens, Azulejo in Lissabon)

Magalhães fragte seine Offiziere, ob sie weiter segeln wollten. Ihre drei Schiffe waren in erbärmlichem Zustand, die Mannschaften ausgemergelt. 12.000 Seemeilen lagen noch vor ihnen. Sie entschlossen sich, die Reise fortzusetzen. Diese Überfahrt dauerte dreieinhalb Monate, ohne Lebensmittel aufzunehmen. Verschiedene Inseln ließen sich nicht anlaufen, bis am 16. März endlich die Philippinen erreicht wurden. Die Besatzungen gingen an Land, konnten ihre Krankheiten auskurieren und gewannen ihre Kräfte wieder. Ende März kam es jedoch zu einem Streit mit dem Inselkönig. Im harten Gefecht fiel Magalhães. Dem Kapitän del Cano gelang es dennoch, mit nur 18 Mann nach Spanien zurück zu kehren. Damit war die Welt umsegelt.
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1.4.8 König Emanuel der Glückliche und seine Nachfolger
Die Portugiesen erreichten unterdessen als erste europäische Kolonialmacht China (Stützpunkt Macao seit 1557), Timor wurde 1513 portugiesisch, Hormuz folgte 1515. Emanuel I. eroberte 1513 - 15 weite Teile Marokkos von den Arabern.

Innenpolitisch setzte sich Emanuel endgültig gegen den Landadel durch. Allerdings hatte seine Politik der Verständigung mit dem soeben geeinigten spanischen Königreich für die Juden schlimme Folgen, von denen 60.000 aus Spanien vertrieben worden waren: Sie mussten nur sechs Jahre nach ihrer Flucht erneut flüchten. Nur wer sich taufen ließ, durfte bleiben als sog. „Cristão novo" - neuer Christ, wurde aber dennoch in Pogromen verfolgt.

Die Bemühungen, die beiden iberischen Königreiche durch Heirat zu vereinigen, scheitern trotz mehrerer Versuche. Spanien fiel schließlich über Johanna die Wahnsinnige in deren Ehe mit Philipp dem Schönen an das Haus Habsburg.

Portugal erlebte unter Emanuel I. eine bisher nicht gekannte kulturelle Blüte, das so genannte „Goldene Zeitalter". Aus den Kolonien flossen große Mengen Gold und Silber. Vor allem der König selbst profitierte aus den Übersee-Handelsmonopolen. Emanual errichtete mit seinem Reichtum fantastische Bauten im nach ihm benannten Stil. Auch das Rechts-, Bildungs- und Gesundheitswesen reformierte er.

Nach Emanuels Tod fiel der Thron 1521 an seinen Sohn Johann III. Der Umgang mit den Juden blieb auch in seiner Regierung die wichtigste Frage. Er öffnete sein Land 1531 der Inquisition. Der König förderte den Aufbau des Landes Brasilien. Unter seiner Herrschaft wurden Aden, Diu, Celebes und Maskat erobert.

Nach Johanns Tod kam sein Enkel Sebastian auf den Thron. Dieser war erst drei Jahre alt, so dass sein Onkel, Kardinal Heinrich, Erzbischof von Lissabon, an die Macht kam. Als 15-jähriger übernahm Sebastian 1568 die Regierung. Er lebte in einer Traumwelt, angefüllt mit mittelalterlichen ritterlichen Idealen. Sein großes Ziel war es, für Portugal ein großes nordafrikanisches Reich zu erobern. Er versammelte eine Armee von 18.000 Mann 9 und marschierte in Marokko ein. Doch die Schlacht von Alcazarquivir (al-Qasr al-Kabir, „die große Burg") wurde zur Katastrofe für die Portugiesen. Das weit überlegene Heer von Sultan Muley Abd-el Melik schlug die Portugiesen. König Sebastian wurde getötet, sein Leichnam blieb auf dem Schlachtfeld verschollen. 8.000 Portugiesen, darunter die meisten Adligen, fielen, weitere 15.000 Portugiesen, darunter 100 Adlige, gerieten in Gefangenschaft. Portugal musste den größten Teil seines Staatsschatzes als Auslöse bezahlen.

Prof. Matthée sprach von 16.000 Soldaten, davon 12.000 Portugiesen, von denen nur 50 heimkehrten, gerade genug, um die schreckliche Nachricht in die Heimat zu bringen. Doch die wartenden Frauen, die jetzt zu Witwen geworden waren, sollen die Katastrofe schon geahnt haben: Der Scirocco soll die Klänge des Windes, der über die Saiteninstrumente in den verlassenen Feldlagern gestrichen sei, schon über die Meerenge von Gibraltar getragen haben.
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1.5 Spanische Herrschaft 10
Nach dem Tod Sebastians, der kinderlos war, erhoben sieben Prätendenten Anspruch auf den Thron. Das spanische Königshaus stand in vorderster Linie und besaß die größte Macht. 1580 ließ Philipp II. von Spanien den Herzog Alba in Portugal einmarschieren, um seine Kronrechte zu sichern. Damit endete der bedeutsamste Abschnitt in der portugiesischen Geschichte.

Sechzig Jahre der dynastischen Bindung - beide Länder wurden in Personalunion geführt - an den großen iberischen Nachbarn bis 1640 erwiesen sich für das Land als verhängnisvoll, weil es Portugal in die europäischen Wirren hinein zog. Die Kriege Spaniens mit den Niederlanden sowie mit England wirkten auf Portugal zurück. Das Land sank zu einer spanischen Provinz herab, wie es Prof. Matthée nannte. Die asiatischen Kolonien gingen zum größten Teil an die Holländer verloren. Auch Brasilien konnte nur mit Mühe durch den hartnäckigen Widerstand der portugiesischen Siedler gegen Holländer und Engländer behauptet werden.

Die wichtigste Quelle des Reichtums, der Gewürzhandel, verfiel. Lissabon wurde in seiner Weltgeltung durch Amsterdam verdrängt. Das auf diese Weise schon verarmende Land wurde durch die Zangen des spanischen Fiskus immer mehr ausgepresst.

1.6 Die Dynastie Braganza 11
Nach mehreren portugiesischen Rebellionen, ausgelöst durch den befohlenen Zusammenschluss von spanischer und portugiesischer Armee, der für den selbstbewussten portugiesischen Adel eine große Schmach war, brachte erst das Jahr 1640 den Umsturz. Der Herzog von Braganza, Nachkomme eines natürlichen Sohnes von Johann I., wurde unter dem Namen Johann IV. von den Cortes zum König ausgerufen, der spanische König Philipp IV. zum Verzicht gezwungen. Dies konnte nur gelingen, weil Frankreich und England das portugiesische Volk unterstützten. König Johann vertrieb die Niederländer aus Brasilien, das diese 1630 besetzt hatten, und erneuerte das traditionelle Band zu England.

Der Kampf ging dennoch weiter. Erst Johanns Nachfolger, Alfons IV., erreichte im Vertrag von Lissabon die endgültige Anerkennung der Unabhängigkeit von Spanien, das die afrikanische Küstenstadt Ceuta behielt. Aber die wichtigsten portugiesischen Gebiete in Amerika (Brasilien) und Afrika (Angola und Mosambik) sowie Macao in Ostasien kamen wieder unter portugiesische Regierung.

Doch die Freundschaft mit England, die mit dem Handelsvertrag von 1654/56 bekräftigt worden war, verlangte ihren Preis. Portugal fiel in eine halbkoloniale Abhängigkeit, wie Prof. Matthée es nannte. In Indien musste das wertvolle Bombay heraus gegeben werden. Langsam, aber stetig, sank Portugal zu einer Macht zweiten Ranges ab, die auf das Wohlwollen Englands angewiesen war.

Erst unter König Joseph I. gelangte eine bedeutende Persönlichkeit zur Leitung des Staates. Es war Sebastião José de Carvalho, 1770 zum Marquis de Pombal erhoben. Er bewährte sich zunächst bei der gewaltigen Naturkatastrofe, dem Erd- und Seebeben von 1755, nach dem er Lissabon wieder aufbaute. Pombal leitete im Geiste europäischer Aufklärung eine Reihe innerer und wirtschaftlicher Reformen ein, die ihm freilich den Hass des Adels und der Geistlichkeit eintrugen. Als er auch die Macht der Jesuiten, die besonders in Brasilien herrschte, brach und sie schließlich aus Portugal vertrieb (1759), schuf er sich unversöhnliche Feinde. Sie nutzten den Tod des Königs (1777), um den Minister zu entlassen und einen großen Teil seiner Reformen rückgängig zu machen. Pombals politisches Denken, das danach strebte, das Volk aus mittelalterlichen Verhältnissen zu befreien, war seiner Zeit allzu sehr voraus geeilt.

Pombal ist nicht unumstritten, andere Historiker kommen zu einem völlig anderen Urteil: Das Königreich wurde vom Marquês als leitenden Minister beherrscht, einer zentralen Figur der portugiesischen Geschichte. Er entpuppte sich als rücksichtsloser Diktator, der alles tat, um die Macht des privilegierten Adels und die Kirche zu schwächen. Als Maria I., Tochter von Joseph I., den Thron bestieg, wurde Pombal entlassen. 12

1.7 19. und 20. Jahrhundert  13
Wie das benachbarte Spanien wurde Portugal in den Strudel der Französischen Revolution von 1789 gesogen. Die traditionelle Bindung an Großbritannien musste das Land zwangsläufig in die europäischen Kämpfe hinein ziehen. 1807 fiel Napoleon I. in Portugal ein und Großbritannien half der Königsfamilie, nach Brasilien zu entkommen. Prof. Matthée schilderte uns, der Hofstaat von 15.000 Leuten sei mit 500 britischen Schiffen nach Rio de Janeiro evakuiert worden. 1811 vertrieben britische Truppen die Franzosen. Die Königsfamilie blieb jedoch in Brasilien, das 1815 zu einem eigenen Königreich wurde; 1816 bestieg Johann VI. beide Throne und regierte Portugal durch einen Kronrat.

Nach der Revolution von 1820 wurde eine neue Verfassung verabschiedet. Zwei Jahre später fiel Brasilien unter Peter I. von Portugal ab. Mit Ausbruch des Bürgerkrieges mit Michael, bekannt als „Krieg der zwei Brüder" (1826 - 34), begann eine Periode von Unruhen und Verfall.

1853 verstarb Königin Maria II., mit ihr endete die Herrschaft des Hauses Bragança. Die Königin hatte 1836 Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha geheiratet. Durch diese Ehe kam der portugiesische Zweig der deutschen Adelsfamilie, die sich auf das Haus Wettin und die Markgrafen von Meißen zurück führt, auf den Thron.

Gegen Ende des 19. Jh. gewannen die Republikaner die Oberhand, und 1908 wurden Karl und der Thronfolger ermordet. Emanuel II. wurde 1910 gestürzt. Im selben Jahr wurde die Republik ausgerufen; mit der neuen liberalen Verfassung wurden u.a. eine Trennung von Staat und Kirche gewährleistet. Präsident wurde der Gelehrte Joaquim Teófilo Fernandes Braga, ab 1911 regierte Manuel José de Arriaga.

Während der folgenden 15 Jahre wurde das Land durch politisches Chaos erschüttert: Insgesamt wechselten sich über 40 Regierungen mit acht Präsidenten ab. Die erste Republik war durch ein hohes Maß an politischer Instabilität gekennzeichnet, durch schwache Präsidenten, denen die Verfassung nicht genug Machtmittel gab, eine allgemeine Zersplitterung des Parteiensystems. Die Republik war zudem ständigen Angriffen ihrer Feinde von rechts (Monarchisten) und links (Sozialisten, Kommunisten, Anarchisten) ausgesetzt.  - Ab 1916 nahm Portugal auf der Seite der Entente-Mächte am 1. Weltkrieg teil.

Nach fortgesetzten Unruhen putsche 1926 das Militär. 1932 gelangte General Antonio de Oliveira Salazar (1889 - 1970) in eine Spitzenposition. Er ordnete die chaotischen Finanzen und verwandelte Portugal mit seiner Verfassung von 1933 in eine profaschistische „Republik" mit einer ständisch-autoritären Verfassung und einer staatlich kontrollierten Planwirtschaft. Er wurde mit außerordentlichen Vollmachten schnell zur mächtigsten politischen Figur. Er gab der Kirche viel von ihrer früheren Macht zurück. Unter dem neuen Regime, dem „Estado Novo" (Neuer Staat) wurde Opposition nicht zugelassen. 1936, mit Beginn des spanischen Bürgerkrieges, unterstützte Salazar die Aufständischen unter General Francisco Franco. Der Freundschafts- und Nichtangriffspakt mit Spanien sollte die Neutralität im 2. Weltkrieg sichern.

Portugal, das 1943 den Alliierten die Stationierung von Flugzeugen und Schiffen auf den Azoren erlaubt hatte, entwickelte in den 50er Jahren enge Verbindungen zu den USA. Salazar verwehrte den Kolonien in Afrika jegliche Entwicklung in die Unabhängigkeit. In den 60er Jahren stieß Portugals Herrschaft in den Überseegebieten auf Gegenwehr. Indien annektierte Goa 1961. In Angola brach 1961 eine Rebellion aus, in Guinea Ende 1962 und in Moçambique im Herbst 1964. Die Regierung beantwortete jeden afrikanischen Aufstand mit intensiven militärischen Interventionen. Ab etwa 1961 führte Portugal in den betroffenen Gebiete regelrechte Kolonialkriege, die bis in die 70er Jahre anhielten.

Salazar machte den portugiesischen Escudo zu einer stabilen Fluchtwährung, aber wirtschaftlich bewegte sich in der „Leichenhalle Europas", wie Prof. Matthée sagte, nichts. Vetternwirtschaft habe es nicht gegeben. Der Diktator wollte ein „christliches Weltreich". Er lebte zurück gezogen in einer Kaserne und wurde „Ovelhinho", „Alterchen", genannt. 1968 wurde Salazar von Marcelo Gaetano abgelöst. Zu dieser Zeit waren noch 30 % der Portugiesen Analphabeten. Pro Jahr wanderten rund 100.000 Menschen aus.

1968 übernahm Marcello das Neves Alves Caetano, ein langjähriger Verbündeter Salazars, das Amt des Ministerpräsidenten. Die afrikanischen Unabhängigkeits-Bewegungen verstärkten den Guerilla-Krieg. 1974 wurde General António de Spínola wegen seiner Kritik an der portugiesischen Kolonialpolitik entlassen. Darüber stürzte das diktatorische Regime in der sog. „Nelkenrevolution" durch die oppositionelle Bewegung der Streitkräfte (MFA), einer Offiziersgruppe.

Spínola wurde unter einer siebenköpfigen Militärjunta, die für mehr Demokratie im Lande und Frieden in den Kolonien eintrat, zum Präsidenten berufen. Gleichzeitig wurde eine neue Regierung ernannt, die sich auf eine breite Mehrheit stützte. Innerhalb eines Jahres erhielten alle Kolonien (außer Macao) die volle Unabhängigkeit; sie wurden den Kommunisten in den Hände gespielt, wie Matthée sagte, wofür die DDR Gefängnis- und Verhörpersonal ausbildete. Die marxistisch geführte Bewegung der Streitkräfte gewann zunehmend an Einfluss und begann mit einer Landreform, also Privatland zu enteignen, Schwerindustrie und Banken zu verstaatlichen. Spínola musste 1974 zurück treten und General Francisco da Costa Gomez Platz machen. Im folgenden Jahr scheiterte ein von der MFA organisierter Militärputsch. 1975 wurde eine provisorische, Verfassung gebende Versammlung gewählt. Auf dieser Grundlage fanden 1976 demokratische Wahlen statt. General António dos Santos Ramalho Eanes, ein früherer Turnlehrer, wurde zum Präsidenten und Mario Soares, der im deutschen Exil mit Hilfe der SPD die PSD gegründet hat, zum Ministerpräsidenten gewählt.

Die führenden politischen Parteien sind die Sozialistische Partei (PS), die Sozialdemokratische Partei (PSD), das Demokratische Zentrum (CDS, aus dem die Volkspartei PP hervorging, sie gilt als nationalistisch mit betont traditionalistischen Ideen). sowie die links gerichtete Vereinigte Volksallianz (CDU, Colegaçao Democrática Unitária, geführt von Kommunisten PCP, und auch den Grünen). Den damaligen Vorsitzenden Albero Cunhal nennt Matthée einen Eisen gehärteten Mann, der alle Moskauer Kaderschulen durchlaufen habe. Als Koalition der Demokratischen Allianz erreichten die rechtsliberalen (liberal-konservativen) Sozialdemokraten und das Demokratisch-Soziale Zentrum zusammen bei den Wahlen 1979 und 1980 die Parlamentsmehrheit unter Francisco Manuel de Sá Carneiro, der jedoch bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.

1982 wurde der militärische Revolutionsrat abgeschafft, hierzu die Verfassung geändert; ursprünglich rief sie zur Schaffung eines klassenlosen Staates auf; dem gemäß sollten Grund und Boden, Bodenschätze und die wichtigsten Produktionsmittel in öffentlichen Besitz sein.  Diese Passage wurde 1989 abgeändert; Prof. Matthée rühmt sich, mit geholfen zu haben, „alle sozialistischen Einsprengsel aus der Verfassung zu beseitigen".

Im Jahr 1983 wurde die Demokratische Allianz aufgelöst, und die Sozialistische Partei übernahm in Koalition mit der Sozialdemokratischen Partei unter Mario Soares die Macht. Im Januar 1986 trat das Land der Europäischen Gemeinschaft bei. Im selben Jahr wurde Soares zum ersten zivilen Präsidenten seit dem Umsturz von 1926 gewählt. Die Sozialdemokratische Partei war stimmführend bei den Parlamentswahlen von 1985 und gewann klare Mehrheiten 1987 und 1991. Aus den Wahlen von 1995 gingen die Sozialisten als Sieger hervor. Seit 2002 regiert eine Koalition aus liberal-konservativer Partido Social Democrata, PSD, und national-konservativer Partido Popular (CDS-PP) unter Premierminister Dr. José Manuel Durão Barroso, der aber als Kommissionspräsident zur EU wechseln wird. Staatsoberhaupt ist Dr. Jorge Fernando Branco de Sampaio.

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