3 Die Kirche
3.1 St. Zeno in Bad Reichenhall
Das ehemalige Augustiner-Chorherrenstift mit der Münsterkirche bildet mit 90 Meter Länge, 30 Meter Breite und 16 Meter Raumhöhe die größte romanische Basilika Ober- bzw. Altbayerns. Langhaus und Seitenschiffe haben acht, der Chor weitere vier Joche; er wird von einer halbrunden Apsis abgeschlossen. Das strenge und wuchtige Äußere mit dem kräftigen Turm und den ungewöhnlich breiten Seitenschiffen bildete sich bei mehreren Umbauten heraus.

Bereits im 3. und 4. Jh. hatte das Christentum im Raum Salzburg Fuß gefasst. Im 5. Jh. lässt sich die erste Klostergemeinschaft nachweisen. Nach dem Einzug der Bajuwaren bekamen die Siedlungen der Salinenarbeiter erste Kirchen. Um 810 wurde im Osten der Siedlung Hall eine Kirche mit dem Patrozinium St. Zeno errichtet. Zeno stammte aus Nordafrika und war Bischof in Verona an der Etsch von 362 - 371. Zeno wurde ausgewählt, weil der Salzburger Erzbischof Arn mit dem Langobarden-König Pippin, dem zweiten Sohn Karls des Großen, gut bekannt war. So wurden die Gebeine Zenos in die neue Basilika überführt.
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Zeno war als Patron gegen Überflutungen beliebt, die auch die Saline an der Saalach bedrohten. Die Augustiner-Chorherren wollten nach der Reform der Cluniazenser der Verweltlichung der Kirche entgegen wirken, ein Netz von Klöstern entstand. Salzburg war damals ein selbständiger Staat im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, der kleinste darin.

Jahrhunderte später finanzierte sich das Kloster aus 1/16 der Salzanteile. Mit Reichenhaller Salz wurde die Salzburger Kirche reich. Der Konvent zählte zwischen 20 und 30 Männer, von denen die Hälfte in auswärtigen, St. Zeno unterstellten, Pfarreien tätig waren.

Alles änderte sich mit dem Reichsdeputationshauptschluss: Nachdem alle linksrheinischen Gebiete an Frankreich gefallen waren, enteignete der Staat die Kirchen, um die besitzlos gewordenen Fürsten zu entschädigen. Die Säkularisation beendete 1803 das Klosterleben, von der Ausstattung wurde vieles weg geworfen oder verbrannt, die Klosteranlage verfiel. 1852 erwarben die „Englischen Fräulein" die Propsteigebäude und richteten eine „Höhere Töchterschule" ein, die heute noch als sechsstufige Realschule vom Erzbistum München und Freising betrieben wird. Erst seit rund drei Jahren werden hier „Buben und Mädel" gemeinsam unterrichtet.

Das ehemalige Chorherrenstift wurde ab 1131 errichtet und 1136 vom Salzburger Erzbischof bestätigt, zuerst wurde das Kloster in den Jahren danach erbaut. Die dreischiffige romanische Basilika wurde ab 1150, als dritte Kirche an diesem Ort, von Osten und Westen her gleichzeitig errichtet. Die Reichenhaller Bürger leisteten eine jährliche Salzabgabe, „damit der Bau der Kirche vollkommener und würdiger errichtet werde". Nach Unterstützung durch Kaiser Friedrich I. Barbarossa wurde die Kirche 1228 konsekriert. Die dreischiffige Basilika war flach gedeckt und folgte in Höhe und Breite dem klassischen romanischen Zahlenverhältnis 1 : 2 : 1. Von den geplanten zwei Türmen wurde nur der nördliche verwirklicht.

Bei einem Großbrand wurden 1512 alle Dächer und die gesamte Ausstattung zerstört. Bereits acht Jahre später war die Kirche mit 15 Altären wieder aufgebaut. Um der Gefahr brennender Dachstühle für den Innenraum zu begegnen, wurden die heutigen Gewölbe eingezogen. Die sich abwechselnden Pfeiler und Säulen wurden ummantelt, um die Tragfähigkeit zu stärken.

Ein Jahrhundert später begannen erste Barockisierungen im Innenraum, ein weiteres Jahrhundert darauf zog das Rokoko ein mit vier Stuckaltären. Wieder ein Jahrhundert später, Mitte des 19. Jhs., setzte eine Reromanisierung, z. B. mit den Bogenfriesen und der Rosette im Westgiebel, und ein Jahrzehnt später eine Regotisierung ein. Der Turm mit seinen Schallöffnungen und dem Pyramidenhelm bekam damals auch seine heutige Gestalt. 1911 wurde der Basilika ein einheitliches Gesamtdach über alle drei Schiffe aufgesetzt. 25

Schönster Schmuck ist das reich gegliederte und gestufte Hauptportal aus rotem und weißem Untersberger und Adneter Liasmarmor nach oberitalienischem Vorbild: liegende Löwen - die ursprünglich nicht einander, sondern vors Portal tretende Menschen anschauten - als  Sockel der äußeren Säulen mit Knospenkapitellen, oben ein ausgezeichnetes Tympanon mit der thronenden Muttergottes (Foto oben rechts). 26 Flankiert wird sie links von St. Zeno und rechts von St. Rupert, erkennbar an seinem Salzfass. In den Ranken des Türsturzes klammert sich ein zappelndes Menschlein mit Geldtasche, das Lamm Gottes zeigt sich oben im Bogen. Zwei Hochreliefs sind seitlich des Portals eingemauert, links mit dem Sündenfall) aus Gott Vater mit Bart und Stock bei Adam und Eva, die ihre Blöße bedecken (Foto unten rechts), rechts Simson, den Rachen des Löwen zerreißend. Das Portalprogramm macht deutlich den Kampf des Guten mit dem Bösen. Dieses Portal wurde von einem Meister aus dem norditalienischen Piacenza und zwei Gehilfen nach der Mitte des 12. Jhs. geschaffen.
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Das Apsisfresko mit dem thronenden Christus wurde nach süditalienisch-normannischem Vorbild erst 1935 gemalt. Im Hochaltar von 1962 ist eine wertvolle Schnitzgruppe der Marienkrönung um 1520 eingelassen. Die Flügel sind zwei Tafelbilder von Niclas Horverk, einem in München lebenden Schlesier, von 1516. Sie stellen Heimgang und Aufnahme Mariens dar. Künstlerisch bedeutsam ist das Chorgestühl ebenfalls von 1520. Auch die Kanzel gehört zu den heraus ragenden Kunstwerken. Sie ist auch aus Adneter Marmor und in den Formen der Frührenaissance gestaltet mit den üblichen Symbolen der vier Evangelisten. Am Pfeiler neben der Kanzel häng die spätgotische Figur des Hl. Augustinus, als Attribut ein Knabe mit Muschel. Augustinus wurde 354 im heutigen Algerien geboren, christlich erzogen und war von 396 - 430 Bischof in Nordafrika, als Verfasser zahlreicher Traktate ist er einer der Kirchenlehrer. Gegenüber zeigt sich der Hl. Rupertus mit Salzfass, er kam als Bischof von Worms über Regensburg und Seekirchen am Wallersee nach Salzburg, wo er 716 starb. Beide Skulpturen stammen aus der Zeit des Wiederaufbaus Anfang des 16. Jhs.
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Vorn links im Nordschiff steht der Taufstein, ebenfalls aus Adneter Marmor (links). Mit seinen zwölf eingezogenen Seitenflächen gehört er zum Salzburger Typus der Spätgotik im Übergang zur Renaissance und wurde 1522 angefertigt. Die Flachreliefs zeigen die Brustbilder der Apostel, welche Schriftbänder halten. Den Holzdeckel zieren unten Reliefs vom das Kreuz tragenden Christus und elf bewegte Engel mit seinen Leidenswerkzeugen.
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Die Tumba im dritten Joch an der Nordwand lag ursprünglich im Mittelgang, sie ist ebenfalls aus Adneter Marmor. Sie bedeckte einst nacheinander das Grab von drei Pröpsten, zuerst von Wolfgang Lueger, gestorben 1526. Auf ihr ist ein in ein Tuch gehüllter Leichnam sichtbar, mit einer Kröte und Gewürm im Brustkorb - schärfer lässt sich die Vergänglichkeit menschlichen Daseins nicht darstellen.

Eine erste Orgel kam um 1665 auf die dafür errichtete Empore. Der Prospekt ist im Original erhalten. Das jetzige Instrument dahinter baute 1896 Firma Maerz, München.
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Das Wesentliche vom Kloster ist der romanische Kreuzgang (im Bild oben rechts ein Schlussstein). An einer Ecke der Fensterwand des Westflügels befinden sich zum einen eine derb gearbeitete Relieffigur, wohl Kaiser Friedrich I. Barbarossa, mit Tunika und Krönungsmantel bekleidet, Reichsapfel und Lilienzepter haltend, auf seinem Kopf die dreizackige Krone (Foto links unten), und zum anderen ein Relief über Äsops Fabel vom Fuchs, Wolf und Kranich.

Uns führte ganz ausgezeichnet die Lehrerin Frau Hiltrud Hemme. Sie erklärte uns das Tympanon und das Wappen der zwei Fische, denn hier wirkten „Seelenfischer". Vom 11. bis 16. Jh. wurde nur hier in St. Zeno getauft, erst dann wurden Kirchenbücher in den Filialkirchen angelegt, doch das Taufwasser kam weiterhin von hier. Frau Hemme beklagt den akuten Pfarrermangel in Bayern, einer muss 13 Gemeinden betreuen.

4 Die Museen
4.1 Schloss Herrenchiemsee
Auf der Herreninsel ließ König Ludwig II. von Bayern ein an Versailles erinnerndes Prunkschloss bauen, heute eine der Touristenattraktionen Bayerns. In zehn Minuten etwa führt der Fußweg durch Park und Wald zu dem Prunkbau, der 1878 - 85 als bayerisches Versailles entstand.
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Von der Drei-Flügel-Anlage wurde nur der Mittelteil mit der großen Gartenfront fertig gestellt. Die ausgeschmückten Räume im Inneren sind eindrucksvolle Zeugnisse der Mentalität des Bauherrn, der im Gedenken an den Sonnenkönig Ludwig XIV. die Idee eines Traumkönigtums verherrlichen wollte.

Das mit vergoldetem Stuck, handwerklich hervorragend gearbeitetem Mobiliar und kostbaren Stoffen ausgestattete Schloss ist wie Neuschwanstein und Linderhof ein in seinen geschichtlichen, künstlerischen und psychologischen Beziehungen denkwürdiges Dokument des späten 19. Jh. 27

Aus Geldmangel konnte der Bau nicht fertig gestellt werden, von den 70 Räumen wurden nur 20 prunkvoll ausgeschmückt. Eine der vielen außergewöhnlichen Ausstattungen war eine Tafel, die im Untergeschoss in der Küche mit dem ersten Gang des Mahles beladen und dann über eine Seilwinde in den darüber liegenden Speisesaal gezogen werden konnte. Der Tisch wurde mit einem kompletten Tafelservice nebst Besteck aus Gold gedeckt. 28

Am Nachmittag ließen wir uns bei Fotografierverbot durch das Schloss führen, das nach heutigem Geld rund 300 Mio. Euro gekostet hat. Wir begannen im Süd-Treppenhaus, welches mit Stuck-Marmor ausgekleidet ist. Im Obergeschoss betraten wir zuerst den Gardesaal mit dem Gemälde von König Ludwig XIV. von Frankreich. Der ihn verehrende Bayernkönig Ludwig II. verbrachte nur zehn Tage hier. Das zweite Vorzimmer wird nach der Form seiner Fenster das Ochsenaugen-Zimmer genannt. Es folgt das Parade-Schlafzimmer mit reichlicher Vergoldung. Mit 1 Gramm Blattgold kann rund 1 Quadratmeter bedeckt werden. Im ganzen Schloss wurden rund 5 Kilogramm Gold verarbeitet. Besonders eindrucksvoll wirkt die 98 Meter lange Spiegel-Galerie, die mit rund 2.200 Kerzen beleuchtet wird, wozu einst 40 Diener eingesetzt wurden. Heute werden hier gern Konzerte gegeben. Im privaten Schlafzimmer (wo der König wirklich schlafen und nicht repräsentieren wollte) mit seiner blauen Auskleidung sorgte eine dunkle Kugel für blaues, mondartiges Licht.
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Der Stil des Rokoko lehnt sich hier an Louis XV. an. Der Kronleuchter im Speisesaal ist komplett aus Porzellan gefertigt und aus Meißen. Darunter steht das oben genannte „Tischlein deck dich". Wir verließen die Prunkräume durch das nördliche Treppenhaus, das im Rohbau belassen wurde.

Auf der Insel, nah dem Anleger steht auf einer Anhöhe eine ehemalige Abtei, ein ehemaliges Stift der Augustiner-Chorherren. Die Klostergebäude wurden nach der Säkularisation in das Alte Schloss Herrenchiemsee umgestaltet. in den Klostergebäuden tagte im August 1948 der Verfassungskonvent für den Parlamentarischen Rat und arbeitete unser Grundgesetz aus. 29

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