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2 Die Städte
2.1 Nürnberg
Die alte Reichsstadt, gelegen am Fluss Pegnitz, ist das Zentrum und der Sitz von Mittelfranken, einem der sieben bayerischen Regierungsbezirke. Hier in der zweitgrößten Stadt des Freistaates leben gut 510.000 Einwohner.
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Vor der Stadt wurde 1050 die Reichsburg genannt, deren Burggrafen seit 1191 die Hohenzollern waren. Stadtrechte, das sind Markt-, Münz- und Zollrecht, wurden 1200 verliehen, bereits 1219 folgte der Große Freiheitsbrief von Kaiser Friedrich II. König Rudolf I. gewährte die Reichsfreiheit, welche bis zum Untergang des Alten Reiches 1806 galt. In seiner „Goldenen Bulle" verpflichtete Kaiser Karl IV. 1356 jeden römisch-deutschen König, seinen ersten Reichstag in Nürnberg abzuhalten, was ein knappes Jahrhundert so gehandhabt wurde. Die Reichskleinodien wurden im Turm der Lorenzkirche von 1424 bis 1796 aufbewahrt, seitdem (außer 1938 - 45 wieder in Nürnberg) sind sie in der Wiener Hofburg ausgestellt. Die Reformation wurde früh, bereits 1524/25, eingeführt.
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1532 schlossen hier Kaiser Karl V. und die protestantischen Reichsstände den Nürnberger Religionsfrieden. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Nürnberg 1632 in Folge der Besetzung durch die Schweden stark geschwächt. Erst nach dem Erwerb der ehemaligen Reichsstadt durch das neue Königreich Bayern 1806 ging es wieder aufwärts, hierfür spricht u. a. der Bau der ersten deutschen Eisenbahn nach Fürth 1835.

Die Pegnitz teilt die Altstadt in die nördliche, ältere Sebalderstadt (nach der Kirche St. Sebaldus) und die südliche, jüngere Lorenzstadt (bei der Kirche St. Lorenz). Die rund fünf Kilometer lange Mauer der Stadtbefestigung ließ König Ludwig I. bauen, darin sind aus dem 14. und 15. Jh. mehrere Türme zum großen Teil erhalten. Alles überragt die riesige Burggrafen- und Kaiserburg (Foto rechts unten) aus dem 12. Jh. mit Umbauten bis ins 16. Jh. Zu den mittelalterlichen Bauwerken zählen insbes. die nach 1350 vollendete Lorenzkirche (Foto links oben) mit spätgotischem Hallenchor (1439 - 77), zu deren Kunstschätzen der „Englische Gruß" von Veit Stoß (1517/18) und das Sakramentshaus von Adam Krafft (1493 - 96) gehören. Nordwestlich davon steht der Tugendbrunnen (1585 - 89), auf der Ostseite des Hauptmarktes die Frauenkirche (Foto links unten, seit 1352) mit dem „Tucheraltar" (um 1440/50) und Werken von Adam Krafft.

Der Schöne Brunnen (14. Jh.) wurde 1902/03 erneuert (während unseres Besuches hinter Planen verborgen). Das Rathaus wurde seit 1616 im Stil eines italienischen Stadtpalastes errichtet. Die Sebalduskirche (Foto unten links) um 1240 - 73) birgt das von Peter Vischer dem Älteren und Söhnen gegossene Sebaldusgrab (1508 - 19) und die Kreuzigung von Veit Stoß. Das König Ludwig dem Bayern zu verdankende Heilig-Geist-Hospital stammt aus dem 14. Jh. Innerhalb der Stadtmauer liegt der Handwerkerhof mit traditionellen Werkstätten.
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Neben den bereits genannten bildenden Künstlern arbeiteten hier die Maler und Zeichner Michael Wolgemut und Albrecht Dürer. Auch die Meistersinger mit dem Poeten Hans Sachs machten Nürnberg bekannt. Der Astronom Regiomontanus zeichnete die Seekarten, die Christoph Kolumbus 1492 auf seiner Reise nach Amerika mitnahm. Im selben Jahr erstellte Martin Behaim in Nürnberg den ältesten heute noch erhaltenen Globus. Ein bedeutender Sohn der Stadt ist auch der Humanist Hartmann Schedel, dessen reich bebilderte Weltchronik von dem ebenfalls weithin bekannten Buchdrucker und -verleger Anton Koberger ab 1493 in Nürnberg gedruckt wurde.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten diente Nürnberg von 1933 bis 1938 als Stadt der Reichsparteitage der NSDAP und wurde zur „Führerstadt" ernannt. 1935 wurden hier die Nürnberger Gesetze verabschiedet, die dem NS-Regime als scheinlegale Grundlage für die Diskriminierung, Verfolgung und Vernichtung der Juden dienten. In der Stadt wurden Flugzeuge, U-Boote und Panzer produziert, in Folge dessen wurde sie im Zweiten  Weltkrieg durch die Bombenangriffe der Alliierten zu großen Teilen zerstört. Nach dem Krieg hielten die Siegermächte hier die Nürnberger Prozesse gegen die Hauptkriegsverbrecher ab. Beim Wiederaufbau blieb der historische Grundriss der Altstadt gewahrt. 8
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Bekannt ist Nürnberg in aller Welt für seine Lebkuchen, in ganz Deutschland für seine fingerdünnen Bratwürste. Beides gibt es auf dem weithin lockenden Christkindlesmarkt.

Uns führte am Abend unserer Anreise die Kunsthistorikerin Frau Petra Stamm-Wendel vom Hotel „Ibis" hinter der nördlichen Stadtmauer aus bis kurz unter die Burg mitten durch die Stadt und vermittelte uns ihr fundiertes Wissen. So machte sie uns auf das Tympanon mit den drei Wappen aufmerksam, unter denen ein Hund seinen Schwanz einklemmt, als Symbol des Untertanen.

Am Giebel der Frauenkirche hoch oben lässt sich der goldene Karl IV. von seinen sieben Kurfürsten im „Männlein-Lauf" täglich um 12 Uhr huldigen. Wussten Sie vom zweiten drehbaren Ring genau gegenüber dem goldenen im Gitter? Danach verstreuten wir uns in der Altstadt, umwanderten (so weit bei Bauarbeiten möglich) die Burg, genossen von dort den herrlichen Ausblick und kehrten schließlich in ein Lokal ein. Ich selbst genoss die berühmten Nürnberger beim „Bratwursthäusle" unter alten Bäumen.
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2.2 Bad Reichenhall
Die Kurstadt am Fuße des Predigtstuhls ist der Verwaltungssitz des Landkreises Berchtesgadener Land und gilt trotz nur 17.400 Einwohner als „Große Kreisstadt" in Bayern. Sie liegt im Talkessel der Saalach, etwa 470 Meter über dem Meeresspiegel.
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Sie ist bekannt als Kurort und Heilbad mit Solequellen, Gradierwerk, Sanatorien, Rehabilitationsklinik und für die Salzgewinnung (mit Schaubergwerk).

Bereits seit frühgeschichtlicher und römischer Zeit werden die Solequellen zur Salzgewinnung genutzt. 696 erhielt Rupert, späterer erster Bischof von Salzburg, Anteile an der Sole für seine Siedlungstätigkeit hier. 1007 als Grafschaft Reichenhall erstmals urkundlich erwähnt, erhielt der Ort 1158 Stadtrecht. Jahrhunderte lang war der Ort zwischen Salzburg, Bayern und Berchtesgaden umstritten.
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Nach dem Stadtbrand von 1834 setzte der Bade- und Kurbetrieb ein, „Bad Reichenhall" heißt es seit 1890, 1900 wurde es bayerisches Staatsbad. In der Altstadt zeugt noch die Alte Saline von 1836 - 51 von den Anfängen des Kurbetriebs. 9 Die Sole-Anwendungen erfolgen als Badekur, Trinkkur und Aerosol-Kur. Die Saline Bad Reichenhall vermarktet ihr Reichenhaller Markensalz heute in ganz Deutschland und darüber hinaus. Die Jahresproduktion liegt bei rund 310.000 Tonnen. Und am Tympanon der Alten Saline steht zu Recht auf Latein: „Nichts ist nützlicher als Sonne und Salz."

Wenige Tage vor Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Bad Reichenhall schwer getroffen: Bei einem Fliegerangriff am 25. April 1945 kamen 224 Menschen zu Tode. Nach dem Krieg hat die Stadt mehr als 6.000 heimatvertriebene Deutsche hilfsbereit aufgenommen; daran erinnern die Sudetendeutsche Landsmannschaft sowie die Landsmannschaften der Schlesier, Sachsen, Ost- und Westpreußen, Banater Schwaben. 10

An einem lauen Sommerabend führte uns der Schröder Christian, wie man sich hier nennt, zuerst durch das Villenviertel. Das Tal ist nur nach Nordosten offen und ist so gut abgeschirmt. Im Kurgarten (Bild oben links) stoßen wir auf das gewaltige Gradierwerk (Foto rechts). Es ist 160 Meter lang, 13 Meter hoch und mit rund 100.000 Schwarzdorn-Bündeln bestückt; sein Tragwerk ist seit 1909 aus Beton.
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Die Salzsole wird wie bei einem artesischen Brunnen hoch gedrückt. Weil das Holz hier knapp wurde, wird die Sole durch eine 70 Kilometer lange Pipeline bis Rosenheim geleitet. Das Kurmittel- und Badehaus wurde 1927/28 im späten Jugendstil erbaut, Hauptthema ist das Wasser mit seiner heilenden Wirkung.

Die Spitalkirche St. Johannis ist die älteste Kirche von Reichenhall, sie wurde bereits 790 erwähnt. Erhalten sind der romanische Mauerkern und die gotische Orgelempore. Der Innenraum wurde barockisiert. Die Kirche St. Ägidi wurde 1159 errichtet im romanischen Stil, wurde aber im 15. Jh. gotisiert (Foto links). Die Apsis der Kirche St. Nikolaus dem späten 12. Jh. zeigt noch die von dem abgebrochenen Westturm hierher versetzten Bogenfriese und Tier- und Menschenfiguren. Moritz von Schwind malte das Apsisfresko und die Medaillons der 14 Kreuzweg-Stationen (19. Jh.). Die ehemalige Stiftskirche St. Zeno ist in Kapitel 3.1 beschrieben.
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Am Alten Rathaus von 1849 (Foto rechts) sehen wir seit 1924 Fresken von Kaiser Karl den Großen, den Salzheiligen St. Rupertus, Kaiser Friedrich Barbarossa und König Ludwig I. von Bayern. Flankiert werden sie von der Caritas und der Justitia. 11  Das Wohn- und Geschäftshaus in der Poststraße 11 trägt eine Inschrift zur Stadtgeschichte von 1925 (oben).
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Die Alte Saline von Reichenhall ist der älteste durchgehend laufende Betrieb der Welt, wie Herr Schröder betonte. Der Stadtbrand von 1834 brach übrigens in der Saline aus und breitete sich mit dem Fönsturm schnell aus. Mehr zur Saline steht im Kapitel 4.2.

Ein besonders schönes, ruhiges Plätzchen ist die Obere Stadt, das Sebastians-Viertel im Westen, gleich hinter der Wehrmauer aus dem 13. Jh. Der Floriani-Platz ist ein typischer alpenländischer Platz, mit großteils giebelständigen Wohnhäusern mit vorspringenden Satteldächern (rechts im Foto).

Am späteren Abend aßen wir gut italienisch in der vom Ehepaar Budesheim empfohlenen Pizzeria „Da Salvatore" im Bahnhof gegenüber von unserem Hotel. (Foto rechts: Stadt vom Berg Predigtstuhl aus)

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