4 Andere Großstädte
4.1 Kutaissi (auch Kutaisi)
In Georgiens zweitgrößter Stadt, zugleich Hauptstadt der Region Imeretien, leben rund 200.000 Einwohner am Ufer des zum Schwarzen Meer fließenden Rioni. Bereits im 8. Jh. v. Chr. lag hier ein griechischer Kolchis, genannt Kutaia. Dieses Wort ist von „Kuata" abgeleitet und bedeutet „steinig". Apollonios von Rhodos erwähnt den Ort in seinem Poem „Argonautika".
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Ende des 8. Jh. n. Chr. residierte hier der abchasische König Leon, später folgten die georgischen Könige. Zeitweilig bis zum 16. Jh. bestand hier das westgeorgische Königreich Imeretien. 1666 eroberten die Osmanen Kutaissi, ein Jahrhundert darauf russische Truppen unter General Tottleben. 37 (rechts: Ufer des Rioni)

Bedeutendstes Baudenkmal ist die ein Jahrtausend alte Bagrati-Kathedrale, seit drei Jahrhunderten, nach der Sprengung von Kuppel und Decken durch die Türken, Ruine (unten links). Seit dem Eintrag auf der UNSECO-Liste wird hier restauriert.  
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Nahe der Kirchenbaustelle finden wir noch Stadt- und Palastmauern. Den Namen gab König Bagrat III. Die Kathedrale nannte Prof. Matthée ein Symbol der Vereinigung der beiden Georgien und Abchasiens. (rechts: typisches Blechtor mit Zier)
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In der Stadt besuchten wir außerdem die katholische Kirche Mariä Verkündigung. Der Frieden wurde hier jedoch gestört von einer schlanken Bettlerin, die lautstark um ihren Stammplatz vor der Tür stritt, woraufhin ein dicker Mann schlichtete. (links: Straße vor der Kirche mit Priester unter Flaggen, am Rand und hinten zwei der im Lande zahlreichen Luxusautos)

Nicht mehr vorhanden ist das im Dezember 2009 gesprengte Ehrenmal für die 300.000 Gefallenen im „Großen Vaterländischen Krieg", was in Russland als barbarischer Akt schmerzlich empfunden wird. Vorwand für die Sprengung soll der Plan Saakaschwilis sein, das Parlament hierher nach Kutaissi zu verlegen, und hierfür diesen Bauplatz zu benötigen. 38
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Wir wechselten in das einstige jüdische Viertel, wo die Synagoge auch an den komplett vergitterten Fenstern zu erkennen ist (oben rechts). In der Nähe steht das Ober-Apellationsgericht, außerdem das Reiterstandbild für König Davit den Erbauer beim Theater.
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Die Großstadt machte auf uns einen trübsinnigen, resignierten Eindruck. Wenige, überwiegend arme, Menschen prägen das Straßenbild. Im ausgedehnten Park auf den Bänken unter den Bäumen entlang der Springbrunnen saßen viele Erwachsene, während sich ihre Kinder um sie herum tummelten, alle in Sonntagskleidung, obwohl ein ganz gewöhnlicher Freitag war. Für uns war dieser Anblick ein Zeichen der Hoffnungslosigkeit (oben links).

Irgendwie hatte eine gut aussehende, alleinstehende Dame aus unserer Gruppe Kontakt mit einem Frisör, der eine Frau suchte. Er freute sich, bereits ein deutsches Auto zu besitzen, wenngleich es ein VW Jetta in silbermetallic und kein Mercedes ist.

Die Weiße Brücke darf wegen Einsturzgefahr nur noch von Fußgängern benutzt werden. Die Anfahrt mit dem Reisebus auf den Hügel mit unserem Gästehaus gelang über das Kopfsteinpflaster bis zur Baustelle, wo in einen offenen Graben eine Frischwasserleitung verlegt wurde; ab dort fuhr der junge, freundliche Hotelwirt unser Gepäck mit seinem betagten Lada, während wir uns durch Matsch und Steine quälten.
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Der anschließende Gewitterschauer ließ uns spüren, jetzt in einer tropischen Region angekommen zu sein. (Foto oben: betagter Linienbus vor einst prächtiger Hausfassade, rechts unten Theaterplatz mit Reiterstandbild für Davit den Erbauer und Museum rechts)
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4.2 Batumi
Die neben Poti größere der beiden Hafenstädte am Schwarzen Meer breitet sich mit etwa 120.000 Einwohnern auf einer Halbinsel aus und wird von einer Hügelkette vor dem kleinen Kaukasus eingeschlossen. Die griechische Kolonie hieß Batis, von „Bathis linim", das heißt „tiefer Hafen". In Folge der Okkupation durch das Osmanische Reich wurden die Bewohner Batumis und ganz Adschariens im 17. Jh. islamisiert. 1918 nach dem Frieden von Brest-Litowsk zunächst bei der Türkei, kam Batumi nach dem Orientvertrag zwischen Sowjetunion und Türkei 1921 zurück unter russische Herrschaft. 39
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Im Hafen wird aserbaidschanisches Öl aus einer Pipeline und aus Kesselwagen der Transkaukasischen Eisenbahn verschifft (rechts: Fähre „Greifswald" vor Kreuzfahrtschiff „Silver Wind"). Fähren verbinden Batumi mit Poti, Sotschi und Odessa. Ein Denkmal erinnert an die Sage vom Goldenen Vlies. Seit dem Machtwechsel 2004 zieht Batumi ausländische Investoren an. Unternehmen aus Kasachstan, Aserbaidschan und der Türkei haben schon mehrere Luxushotels errichtet (wie den Nachbau des Pharos von Alexandria, rechts im Bild), weitere Hochhäuser sind im Bau. Die Strandpromenade wurde auf 5 km verlängert. Sogar auf dem Boden des fast abgebrochenen Regionalparlaments von Adscharien bauen Türken einen Hotelkomplex.
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Wir wohnten allerdings nicht an der Küste, wie wir es erwartet hatten. Das Hotel auf dem Hügel hieß nicht Satellite, sondern Sputnik, es hatte nicht vier, sondern nur drei Sterne. Es stammt aus der späten Sowjetzeit und hatte seitdem außer Malerarbeiten keine Modernisierung erfahren. Die Balkontüren ließen sich nicht mehr abschließen, was ein mulmiges Gefühl wegen der Einbruchsgefahr über die Balkone hinterließ. Armaturen im Bad fielen einfach ab, Lampen brannten nicht etc. Angehende Reisekaufleute können hier die Lektion lernen: „Finde 10 Mängel und rüge richtig". Ein Disput unseres Herrn Matthée mit den Angestellten an der Rezeption endete ohne Ergebnis, denn er hatte die Übernachtung bereits in Tiflis gebucht und bar bezahlt.
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Aber es gab einen recht neuen Swimming-Pool und auf dem Dach des Anbaus ein Lokal, wo uns das Abendessen mit Fleischspießen, Suppe und Eis unter freiem Himmel ebenso schmeckte wie der Wodka in der etwas lauten „Panoramabar" und das Frühstück im Morgengrauen. (rechts: Neptun vor dem Theater, unten links Paläste)

Auf den Hügeln am Grünen Kapp 9 km nördlich der Stadt erstreckt sich über 114 ha und 100 Höhenmetern der Botanische Garten Batumi. Er ist der zweitgrößte in Georgien, wurde vor über hundert Jahren angelegt und gehört seit 1950 der Georgischen Akademie der Wissenschaften.
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Für den Botaniker und Gründer Andrei Nikolajewitsch Krasnow wurde an seinem Grab mitten im Park eine Statue aufgerichtet. Über 5.000 Pflanzenarten sind hier inzwischen versammelt. Das Arboretum zählt über 3.270 Baumarten von allen Kontinenten. Allein 17 Palmenarten finden wir hier, dazu dicke 20 m hohe Bambusrohre, erkennbar am hohlen Klang. 40 Eine neugierige Dame bei uns fragte ganz beeindruckt: „Und was ist das daneben?" Meine Antwort: „Beton." Tatsächlich, oben war eine Laterne angebracht. Spaß beiseite. Der Batumi-Garten lohnt auf jeden Fall einen ausgiebigen Besuch.
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5 Kur- und Badeorte
5.1 Kobuleti
Das Seebad erstreckt sich entlang der georgischen Schwarzmeerküste zwischen Poti und Batumi. Der Strand ist breit und sauber und bietet viel Platz für Urlauber. Ein lichter Waldstreifen trennt ihn von der Einkaufsstraße mit allerlei meist billigen Lokalen, kleinen Hotels und Läden. Die 18.000 Einwohner leben von den etwa 100.000 Urlaubern im Jahr. Das Klima ist mild und subtropisch, es weht eine ionisierte Meerbrise und das Wasser ist warm - was einige von uns zur Badegelegenheit nutzten.
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5.2 Tskaltubo
Dieser nördlich von Kutaissi gelegene einst prächtigste Kurort des Zarenreiches und der Sowjetunion mit grandiosen Palästen und Parks ist heute leider herunter gewohnt von georgischen Vertriebenen aus Abchasien. Hier sehen wir eine Stadt, die im Sterben liegt. Die Parks sind zugewachsen, die vielen Wasserläufe verlandet, die wenigen Baustellen liegen still. Eine einsame Bankfiliale hält in einem zu großen Betongebäude die Stellung.

Um den frisch gepflasterten Platz mit dem Springbrunnen tummeln sich zahlreiche Menschen in Langeweile, einige versuchen, etwas zu verkaufen. Junge Paare lassen sich von Musik aus Lautsprechern berieseln. Danke an die Strom- und Wasserwerke, dass sie ein paar Stunden Trost spenden an einem Ort ohne Hoffnung.
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5.3 Bordschomi (Borjomi)
Der Kurort liegt mit knapp 14.000 Einwohnern in Süd-Georgien im Kleinen Kaukasus auf etwa 800 m Höhe am Fluss Kura. Gemäßigtes Klima, Heilquellen und schöne Landschaft machen ihn attraktiv. Das Heilwasser soll bei Erkrankung von Magen-Darm-Trakt, Leber und Bauchspeicheldrüse helfen, ist wegen des hohen Anteils an Fluorid auch gut gegen Karies. Am Brunnen im Kurpark kann es jeder zapfen. Erfrischendes Mineralwasser aus Borjomi kann man überall in Georgien kaufen, und das schon zwei Jahrhunderte lang. Die niederländisch-georgische Firma exportiert es nach Russland, Westeuropa, Israel und in die USA. Sein Anteil liegt bei einem Zehntel des georgischen Exports.

Die Schlucht der Kura machte die Lage von Tori, so der Name vor dem Einzug der Russen, zum Einfallstor für Invasoren aus dem Süden. Russische Soldaten machten dann auch das Heilwasser in Moskau publik. Ab Mitte des 19. Jh. entwickelte sich der Kurtourismus. Neben prächtigen Villen reicher Perser, Aseris und Russen entstanden große Kurhotels. Auch Tschaikowski und Tolstoi kurten hier. Das Sanatorium wurde vor einigen Jahren an den staatlichen Ölbetrieb Kasachstans verkauft. Oberhalb des Kurortes verläuft übrigens die Öl-Pipeline BTC. 41

Der Kurpark ist schön angelegt und zieht sich den Hang hoch. Wir fuhren mit der Seilbahn hinauf und die meisten auch wieder hinunter, einige stiegen den teils steilen Trampelpfad durch den Wald hinab. Oben liegt ein kleiner Vergnügungspark mit Riesenrad. Die Kurstadt selbst macht einen eher trübsinnigen Eindruck, viele Häuser sind baufällig bis verfallen. Ein Trauerspiel bietet auch hier das Postamt. Da macht der Gang über die „Schönheitsbrücke" schon mehr Freude. Zu Ehren des Dichters Tschawtschawadse (siehe 7.4) wurde ein Denkmal aufgestellt.

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