2 Sehenswürdigkeiten
2.1 Rathaus
Rathaus und Roland von Bremen wurden gemeinsam im Juli 2004 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen. Dieses Ensemble wird damit als "einzigartiges Zeugnis" für die Entwicklung von bürgerlicher Autonomie und Marktrechten in Europa gewürdigt.

Die Prachtfassade, eine der schönsten Rathausfassaden der Welt, zeigt in regelmäßiger Symmetrie den typischen Baustil der Weserrenaissance. Ähnlich wie beim Rathaus der Mutter der Hanse, Lübeck, verbirgt sich dahinter ein gotisches Bauwerk mit mehr als sechs Jahrhunderten Geschichte. Erbaut von 1405 - 10 vom damaligen Bürgermeister Johann Hemeling ist das Bremer Rathaus das einzige des Spätmittelalters in Europa, das nie zerstört wurde. Die UNESCO würdigt die Authentizität des Gebäudes, das zu allen Zeiten gewartet und in Stand gehalten wurde. 6
Bildname

Der Hauptbau hinter der Schaufront besteht aus der "Unteren Halle", einem kargen dreischiffigen Raum auf zwanzig Eichenträgern für das "Marktvolk", und der "Oberen Halle", getäfelt und mit Schnitzereien üppig geschmückt zur Repräsentation, deren jede mit 41,50 x 15,80 Metern ihr komplettes Geschoss einnimmt. Man nennt dieses Haus daher einen Saalgeschossbau. Die "Obere Halle", Bremens schönster Festraum mit 8 Metern Höhe unter frei tragender bemalter Balkendecke, zieren zwei große Wandfresken: links "Die Gründung Bremens" und rechts "Das Salomonische Urteil"; vier prächtige Modell-Kriegsschiffe hängen von der Decke. Gotik und Renaissance harmonieren hier so wundervoll miteinander.

Von 1595 - 1619 wurde das Rathaus vom Baumeister Lüder von Bentheim vor allem außen umgebaut; es erhielt den mächtigen Mittelrisalit und den viergeschossigen Ziergiebel. Hinter die Fensterfront wurde 1620 die sog. "Güldenkammer" eingebaut. In deren Untergeschoss befindet sich das Sitzungszimmer des Senats, von Heinrich Vogeler 1905 im reinen Jugendstil gestaltet, von den Türgriffen, über das Kamingitter, die Leuchter bis zur vergoldeten Ledertapete. Von 1909 - 13 wurde vom Architekten Gabriel von Seidl hinten rechts das dreimal so große "Neue Rathaus" angefügt. 7
Bildname
Die überlebensgroßen Steinfiguren an der Südseite stammen noch vom Ursprungsbau und stellen (links im Foto) den Kaiser und seine sieben (links die drei geistlichen, rechts die vier weltlichen) Kurfürsten dar. Heute stehen hier Kopien, die Originale sind im Focke-Museum zu sehen. Dazu kommt eine Fülle an Figuren und Reliefs, die mit Körpern, Köpfen, Engeln und Fabeltieren kaum in ihrer Gesamtheit erfasst werden kann.

Unter dem Rathaus und zum Teil unter dem Marktplatz befinden sich die Gewölbe des Ratsweinkellers. "Hanseaten nehmen niemals Orden oder Ehrenzeichen an - nur Wein", sagte uns Herr Volker Koch. Der Kellermeister fahre jedes Jahr in die großen Weinbaugebiete und verkoste dort über 3.000 Weine. Von den ihm gefallenden Sorten nehme er eine Flasche mit. Diese probiere er hier an der See. Nur wenn beide Geschmacks-Protokolle überein stimmten, kaufe er den Wein, und zwar die ganze Lage.

2.2 Roland
Nach der Sage war Roland ein Neffe oder sogar Sohn Kaiser Karls des Großen, des Gründers von Bremen. Die altfranzösische Dichtung des "Rolandsliedes" war 1131 erstmals auf Deutsch nacherzählt worden. Beim Gelehrten Einhard in der Biografie Karls wurden allerdings nur sein Name "Hruodlandus", sein Rang als "Markgraf" und sein Tod in einer Schlacht in den Pyrenäen erwähnt. 8

Viel Bürgerstolz spricht aus der niederdeutschen Inschrift am Wappenschild von 1512: "Vryheit do ik ju openbar / d' karl vnd menich vorst vorwar / desser stede ghegheuen hat / des danket god' is mí radt", was hochdeutsch übersetzt heißt: "Freiheit offenbare ich euch / die Karl und mancher Fürst fürwahr / dieser Stätte gegeben hat / das danket Gott, ist mein Rat". 9
Bildname

Die Rolandssäule stellten die Bremer 1404 auf, noch bevor sie mit dem Rathaus begannen, als Symbol für Freiheit und Unabhängigkeit, nachdem Kriegsknechte des Erzbischofs Albert II. den hölzernen Vorgänger 1366 verbrannten. Deshalb blickt der 5,47 Meter große Ritter Roland auch trutzig in Richtung auf den Dom. 10 Mit Podest und gotischer Stützsäule mit Ziborium erreicht er eine Höhe von 10,21 Meter.  Der Abstand seiner Kniespitzen beträgt eine Bremer Elle, etwa 55 Zentimeter. Es heißt in einem Brauch, wer dem Roland das Knie gerieben habe, der kehre nach Bremen zurück. Der Original-Kopf aus Kalkstein steht im Eingang des Focke-Museums (oben rechts).

Auf dem Hausgiebel hinter dem Rücken des Rolands steht in großen Buchstaben eine Inschrift: "Gedenke der Brüder, die das Schicksal unserer Trennung tragen!" Der große sozialdemokratische Bürgermeister Wilhelm Kaisen ließ sie anbringen; was er gesagt habe, sei "Gesetz" gewesen. Gemeint ist die Teilung Deutschlands nach dem verheerenden letzten Krieg. Heute hätte er sicherlich die "Schwestern" nicht vergessen (Foto siehe Inhaltsverzeichnis).

2.3 Schütting
Das repräsentative Gebäude an der Westseite des Marktes, gegenüber des Rathauses, ist nach dem "Schossen", dem Aufbringen der Steuern, benannt. Nach einer anderen Deutung wird auf das norwegische Bergen Bezug genommen, wo "Scoting" ein Haus der Kaufleute für Schutz und Wärme bezeichnet. Es könnte auch mit dem Einebnen des Geländes, das nach Süden zum Bach Balge abfiel, zusammen hängen, denn auf Niederdeutsch heißt "Schüttinge" Abdämmung oder Staudamm. 11
Bildname

Das schlanke Haus wurde 1537 - 38 von den "Elterleuten" der Kaufmannschaft durch Jan de Buschener errichtet. Der Baukörper nach flandrischer Art im Stil der Renaissance, "im schlanken Wuchs der Hausteinfront mit ihrer stegartig schmalen Fenstergliederung", wurde 1565 und 95 durch Ziergiebel an der West- und Ostseite bereichert. Das profilierte Gesims an der Marktseite wurde 1594 durch einen prächtigen Schiffsgiebel ergänzt.
Bildname
Seit 1849 ist der "Schütting" Sitz der Handelskammer (Industrie gab es nicht), der Nachfolgerin des Kollegiums der Elterleute. 1896 - 98 wurde ein Prachtportal mit Treppe hinzu gefügt. Darüber steht der Wahlspruch der Bremer Kaufmannschaft: "Buten un Binnen, Wagen un Winnen", was auf Hochdeutsch meint: "Draußen und drinnen, wagen und gewinnen".   Dieser Spruch wird dem Schriftsteller und Bürgermeister Otto Gildemeister (1823 - 1902) zugeschrieben. 1944 brannte das Gebäude bis auf die Grundmauern ab.

2.4 Stadtwaage
Wie die Schaufassade am Rathaus wurde die ehemalige Stadtwaage an der Nordwestecke des Marktes vermutlich von Lüder von Bentheim im Stil der Spätrenaissance von 1586 - 88 erbaut. Das durch Rundbogenportale geöffnete Untergeschoss diente als Wiegehalle. Später wurde das Bauwerk als Packhaus benutzt. Das 1944 zerstörte Haus dient heute der Sparkasse Bremen als Geschäftsstelle - für mich eine der schönsten Sparkassenfilialen. 13  (links)
Bildname
2.5 Dom
Der erste Dom von 789 bestand aus Holz. Man weihte ihn auf den Apostel Petrus, dessen Attribut, der Schlüssel, zum Bremer Wappen wurde. Der zweite Dom unter Bischof Willerich war schon aus Stein. Die Ausmaße von fast 100 Metern Länge des salischen, heutigen dreischiffigen, neunjochigen, doppelchörigen, kreuzgewölbten Domes wurden im 11. Jh. erreicht. Von Erzbischof Bezelin begonnen, brannte der Dom 1041 in einer Feuersbrunst nieder. Der Wiederaufbau wurde 1068 mit der Krypta im Westen geweiht, kurz darauf folgte die unter dem Ostchor.

Seit 1223 ging der Erzbischofstitel von Hamburg auf Bremen über; der Dom wurde Metropolitan-Kathedrale. Mit dem Bau der Doppeltürme wurde Anfang, mit der Einwölbung Mitte des 13. Jh. begonnen. Eindrucksvoll sind das Sandsteinrelief des Abendmahls in der Ostkrypa, das auf vier Löwenreitern ruhende Taufbecken von 1220, die Grabplatte für den 1477 gestorbenen Domprobst Johann Rode, die Grabplatte einer Bischofstumba aus dem 11. Jh. und die realistischen Reliefs im Chorgestühl von 1400. 14

Anfang des 16. Jh., noch vor der Reformation, wurde das nördliche Seitenschiff zu einer spätgotischen Hallenkirche mit Netzgewölbe neu gebaut, während des südliche so blieb wie vorher. Mitte des 17. Jh. stürzte der Südturm ein, später brannte der Nordturm ab. Von 1888 - 91 wurde der Dom restauriert und bekam einen Vierungsturm aufgesetzt. Die Westtürme bekamen beide die gleiche Höhe von 99 Metern und Spitzhelme. Die Nordseite wurde im März 1945 von einer Sprengbombe getroffen, wonach große Teile des Gewölbes einstürzten. 15
Bildname
Bildname
Eine besondere Sehenswürdigkeit ist der Bleikeller, ein Lagerraum für die Bleiplatten des Daches, bei dem seit dem späten Mittelalter bekannt ist, dass hier gelagerte Leichen eintrocknen statt zu verwesen. Die älteste Mumie ist über 500 Jahre alt.

Ein Bremer Brauch sieht folgendermaßen aus: Ein junger Mann an seinem 30. Geburtstag, mit einem Zylinder behütet, marschiert mit einem Besen zum Dom, fegt dort unablässig, während umstehende Leute unaufhörlich Papierschnipsel auf die Domtreppen streuen. Bis, ja bis ein junges Mädchen den Feger per Kuss erlöst. (Das Mädchen sollte noch Jungfrau sein.) Und während die Herren der Schöpfung die Treppenstufen fegen, müssen junge Damen gleichen Alters die Portalklinken putzen, bis, ja bis... 16
Bildname
2.6 Liebfrauenkirche
"Unser Lieben Frauen" ist die älteste Pfarrkirche Bremens. Sie ging im 12. Jh. aus der älteren St.-Veit-Kirche hervor. Der romanische Teil wurde bereits 1020 begonnen. Der Chor der frühgotischen Hallenkirche von 1220 wurde im 14. Jh. erweitert. Ein zweites kapellenartiges Seitenschiff wurde auf der Südseite angefügt. Die Marktkirche des Rates hatte im Untergeschoss des Nordturmes eine "Trese", also Schatzkammer. Die Westfront wurde 1880 restauriert und durch ein neues Hauptportal unter einer Fensterrose ergänzt. 1964 wurde der Turmhelm erneuert und der Putz aus dem Innenraum entfernt. Die Buntglasfenster von Alfred Mannessier tauchen den Raum in ein magisches Licht (beide Fotos links).

Das Reiterstandbild des General-Feldmarschalls von Moltke an der Westwand erinnert daran, dass "Unser Lieben Frauen" zeitweilig als Garnisonskirche diente.  

2.7 Stadtmusikanten
Das Märchen gehört zu den bekanntesten der Gebrüder Grimm, die Anfang des 19. Jh. aufschrieben, was bereits seit dem 12. Jh. im Volk erzählt wurde. Die vier alten, unnütz gewordenen Haustiere waren auf dem Weg in die Stadt Bremen und wollten ein neues Leben beginnen, doch es kam anders. Auf das Zitat "...etwas Besseres als den Tod findest du überall..." griff auch Carl Zuckmayer im "Hauptmann von Köpenick" zurück, denn nichts schien ihm geeigneter um zu verdeutlichen, dass aus jeder schier aussichtslosen Lage Kraft für einen Neuanfang geschöpft werden kann. 18
Bildname
An der Westseite des Rathauses setzte der Bildhauer Gerhard Marcks ihnen 1953 ein Denkmal, das zu Bremens Wahrzeichen gehört. 19  Viele Menschen glauben, dass ein Wunsch in Erfüllung gehe, wenn man die Vorderbeine des Esels umfasse (rechts die klassische, links die moderne Version der Fußballfans).

zurück   Übersicht   weiter
Bildname