Israel - Das Heilige Land
der Kreuzfahrerstaaten, der Ritterorden, der Bibel, des Islams und der Halacha
Exkursion mit Prof. Dr. Dr. Ulrich Matthée, Kiel,
vom 17. bis 28. Februar 1993
Reisebericht von Frau Sigurd Elling, Seevetal-Fleestedt südlich Hamburg
(Ergänzungen und Anmerkungen in Schrägschrift sowie 32 Fotos von Manfred Maronde)
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Lesen Sie auch den Bericht über die Nachbarländer Jordanien und Syrien.

Inhalt:
Vorgeschichte
Reiseverlauf
Jerusalem:
Via Dolorosa, Grabeskirche, Ölberg, Gethsemane,
Felsendom, Al-Aqsa-Moschee, Mea Shearim
Betlehem
Totes Meer:
Massada, Qumran
See Genezareth:
Tiberias, Golan, Kapernaum, Kana, Nazareth, Tabor, Megiddo, Safed
Mittelmeer:
Akkon, Haifa, Caesarea
Zum Schluss
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Jüngste, politische Vorgeschichte
1947 beschlossen die neu gegründeten Vereinten Nationen, das Territorium zwischen Mittelmeer und Jordan nach Beendigung des britischen Mandates über Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat aufzuteilen. Für das jüdische Volk, die alte hebräische Nation, war das nach seiner Zerstreuung eine treibende Kraft in seinem Leben und die Grundvoraussetzung für seinen Glauben. Die Juden akzeptierten diesen Kompromissvorschlag, die Araber lehnten ihn ab. Sieben Araberstaaten griffen sofort den neu gegründeten jüdischen Staat an. Das Resultat dieser Kämpfe 1948 war: Jordanien eroberte die Westbank und Ost-Jerusalem, Ägypten den Küstenstreifen von Gaza. Nach den Kämpfen 1967 (6-Tage-Krieg!) besetzte Israel die Westbank, den Gazastreifen und die Golanhöhen, Jerusalem wurde eine freie Stadt.

Reiseverlauf
Am 17. Februar 1993 startete die Gruppe von 47 Personen unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Dr. Ulrich Matthée nach Israel. Nach intensivster Gepäckkontrolle in Frankfurt hatten wir einen guten Flug. Nach sich teilendem Nebel bot sich uns ein zauberhafter Ausblick auf ein beschneites, bergiges Jugoslawien und Bulgarien mit der Großstadt Sofia und auf das sich als hellblaues Tuch abzeichnende Mittelmeer.

Neben mir im Flugzeug saß ein junger Mann, der mich mehrmals in gutem Englisch ansprach. Mein Schulenglisch war schon etwas angerostet, so hatte ich einige Mühe, ihm unsere Reiseziele zu erklären. Er half mir jedoch mit dem Wort „crusader" für „Kreuzfahrer" aus. Eine Dame aus unserer Gruppe unterhielt sich ebenfalls angeregt mit ihrem Sitznachbarn. Sie folgerte aus seinen Andeutungen, er sei auf dem Heimflug in sein Land, dann müsse er „jew", ein Jude, sein. Er widersprach: „I am Israeli". Bei Ankunft um 15.15 Uhr in Tel Aviv stand unser Bus bereit.

Wir fuhren durch leicht hügeliges, felsiges Land („viel Steine gab's und wenig Brot!") bis Latrun. Schon Kreuzfahrer hatten hier Station gemacht. Ihre Spuren fanden wir in den Mauern, die als christliche Gräber gelten. In Abugoser, etwas weiter, soll der verklärte Jesus das Abendmahl abgehalten haben und den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus erschienen sein. Hier steht eine der wenigen Kirchen Israels aus der Kreuzritterzeit, die leidlich erhalten blieben.

Bald sahen wir Jerusalem „hoch droben", umgeben von seiner gewaltigen Stadtmauer! In Wärme und bei seidiger Sonne glänzte die Stadt verheißungsvoll. Schräg vor dem Damaskustor, dort wo Gottfried von Bouillon als erster Kreuzritter die zwölf Meter hohe Mauer erklommen hatte, stand unser sehr bescheidenes von Arabern geführtes Hotel „Pilgrims Palace".

Die Israeliten eroberten im 11. Jahrhundert v. Chr. unter König David die Stadt (2. Sam 5,6-9) Jerusalem. Sie war die Feste der Jebusiten, einem kanaanitischen Stamm. David erwählte sie als Hauptstadt und erbaute die Davidsburg. Salomo machte Jerusalem zum religiösen Mittelpunkt der israelitischen Stämme durch den Bau des ersten jüdischen Tempels 953 v. Chr. Die Geschichte des christlichen Jerusalem beginnt 330 n. Chr. mit dem Bau der Grabeskirche unter Kaiser Konstantin. 1099 eroberten die Kreuzfahrer die Stadt, und sie wurde Hauptstadt des christlichen Königreiches, bis sie 1187 von Saladin eingenommen wurde. Sie war also fast hundert Jahre im Kreuzritterbesitz, gehörte dann 42 Jahre Saladin, war ab 1514 türkisch bis 1917. In dieser Stadt Jerusalem waren wir nun angekommen!

Abends machten wir noch einen Spaziergang durch das prächtige Damaskustor in das arabische und jüdische Viertel der Stadt, das zu dieser Zeit im Dämmerlicht ziemlich leer und daher ruhig und verschlossen wirkte. Wir besuchten noch die Erlöser-Kirche, eine deutsch-evangelisch-lutherische Kirche, 1898 von Kaiser Wilhelm II. über den Resten einer von Karl dem Großen gegründeten Basilika gebaut. Hier wird jeden Sonntag deutscher Gottesdienst abgehalten.

18. Februar.
Wir besuchten, das Damaskustor durchschreitend, über die bunten Basargassen mit ihrem feilschenden arabischen Händlern, die Obst, Gemüse, Textilien, Tand und Souvenirs anboten, die Innenstadt und erreichten die Via Dolorosa, die am Löwen- oder Stephanstor mit ihren 14 Leidensstationen beginnt. An der Annenkirche (12. Jh.) soll Marias Geburtshaus gewesen sein. Der in Joh. 5,2 erwähnte Teich (Teich am Schafstor) Bethesda, mit seiner wundertätigen Heilkraft, liegt daneben (Heilung des Lahmen, Foto rechts). Ein sehr eindrucksvoller Ort! Etwas weiter rechts steht die Geißelungs- und Urteilskapelle. Auf der Via Dolorosa weiter gehend erkannten wir den „Ecce-Homo-Bogen" („Seht, welch ein Mensch!"). Dann folgten die Stationen, an denen Christus das erste Mal stürzte, wo er seiner Mutter begegnete und dann an Station V, wo Simon ihm das Kreuz abnahm.
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An Station VI soll Veronika ihm den Schweiß abgetrocknet haben, an Station VII stürzte Jesus das zweite Mal, an Station VIII prophezeite er die Zerstörung Jerusalems. Die Via Dolorosa führte uns um die Grabeskirche herum.

Die Grabeskirche mit dem Kalvarienberg und dem Grab Christi zeigt schöne Steinmetzarbeiten aus der Kreuzfahrerzeit, die nach dem Erdbeben 1927 wieder hergestellt wurden (Foto links: Eingang neben Glockenturm, rechts Kapelle über dem Grab Christi). Leider ist der jetzige Bau ein unübersichtliches Konglomerat von Räumen in mehreren Etagen und im Besitz von sechs verschiedenen Konfessionen: Griechen (orthodox), Lateiner (römisch-katholisch), Armenier, Kopten, Abbessiner, Jakobiten (syrisch-orthodox).

Die Stätte strahlte keine Weihe aus und war für mich enttäuschend. Zwei schmale Treppen führen hinauf zum Kalvarienberg mit einer Kapelle, die drei Altäre hat, die überladen geschmückt sind. Ein Loch bezeichnet die Stelle des Kreuzes. Das Christusgrab wird in Schlangenreihen bevölkert und lässt in seiner Menschenfülle und dadurch, dass die Dekoration völlig überladen ist, keine innere Betroffenheit aufkommen.
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Kaiserin Helena hat den imposanten Kuppelbau für ihren Sohn Konstantin erstellen lassen. Sie soll das Kreuz Christi gefunden haben.

Beim Durchschreiten der Basargasse wurden wir auf das Hospital St. Marien aufmerksam, die Keimzelle der Johanniter und Malteser, das später nach Akkon verlegt wurde [Marienwerder, Marienburg usw., Zeichen der Kreuzritterorden].
19. Februar.
Am Cardo besuchten wir eine ehemalige Synagoge mit Thorarollen. Vom Cardo aus bietet sich ein zauberhafter Blick über die silberne Kuppel der Al-Aqsa-Moschee auf den Ölberg. Mit einem klapprigen arabischen Linienbus (von der vorletzten Sitzbank waren nur noch Eisenrahmen und Drahtgeflecht übrig, das Polstermaterial hatte offenbar mitgeführtes Vieh gefressen) fuhren wir auf den Ölberg.
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Wir besuchten das dortige Hospital mit der Kirche von Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auguste Viktoria, die Himmelfahrtskirche. Hier sahen wir als bunte Fenster die Wappen bekannter deutscher Staatsmänner u. a. von Fürst von Bülow mit den 15 Goldbällen. Vom Turm aus hat man einen herrlichen Weitblick über das glitzernde Jerusalem (Foto oben von 2015), das heilige Land, bei gutem Wetter bis zum See Genezareth. Prächtige Mosaiken zieren die sehr geschmackvolle Kirche.

Beim Abstieg empfand ich den Garten Gethsemane (rechts unten) enttäuschend. Über das Mariengrab erhebt sich eine nun restaurierte Kirche aus der Kreuzfahrerzeit. 47 Stufen führen in den Kirchenraum, vorbei an den Gräbern von Joseph und Marias Eltern. In einer kleinen Kapelle ist Marias Grab.
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Auf dem sehr beschwerlichen Weg bergab besuchten wir noch die Himmelfahrtskapelle, in der angeblich Jesus' Fußabdruck sein soll (Foto rechts oben: Prof. Matthée liest aus der Bibel vor). Sie gehört den Moslems. Im selben arabischen Dorf besuchten wir die Paternosterkirche mit über 60 verschiedenen Sprachen des „Vater unser" (auf Deutsch im Foto links).
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Zurückgekehrt in die Altstadt ergossen sich atemberaubende, geradezu beängstigende Menschenmassen durch die engen Basargassen. Die Christen strömten zur bevor stehenden Prozession, die Moslems kamen von der Al-Aqsa-Moschee (Freitag!). Beinahe ergriff uns Panik, da es fast unmöglich erschien, sich gegen den Menschenstrom zu drücken, um zu dem verabredeten Essensplatz zu gelangen. Ziemlich genervt schafften wir es. Kurze Pause, bis es weiter ging zum Prozessions-Sammelpunkt an der Via Dolorosa. Der Aufmarsch und Zug der Pilger vieler Nationen, ihre Kirchenlieder singend, war in seiner Frömmigkeit ergreifend. Wir machten noch einen Rundgang ins Armenische Viertel, vorbei an der deutschen Kirche, und erreichten um 17 Uhr völlig erschöpft unser Hotel.
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20. Februar.
Dieser Vormittag war dem Gang zum Felsendom vorbehalten, der in der Mitte des Tempelplatzes steht. Die Maße des Platzes sind 321 x 474 x 283 x 490 Meter. Unter seiner Kuppel verbirgt der Felsendom, auch Omar-Moschee genannt, den heiligen Felsen. Hier wollte Abraham seinen Sohn opfern. Salomon errichtete hier den ersten jüdischen Tempel. Mohammed soll hier in den Himmel geritten sein, also ein Ort voller mystischer Glaubens-Vorstellungen.
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Mit seiner goldenen Kuppel ist der Dom das glänzende Wahrzeichen Jerusalems (war zur Zeit unserer Reise eingerüstet, hier Foto von 2015). Das auch auf dem Tempelplatz gelegene Museum für islamische Kunst zeigte eine reiche Sammlung von archäologischen Funden.

Daneben liegt südöstlich die Al-Aqsa-Moschee mit wunderbaren Mosaiken - nur ohne Schuhe zu betreten (2015 nicht mehr möglich).
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Danach ging es noch einmal durch das Kidrontal nach Gethsemane in die Kirche der Nationen. Hier sahen wir noch Teile des Felsens, auf dem die Kirche gebaut wurde. Sie war ursprünglich eine Basilika. Byzantinische Mosaiken aus dem 4. Jh. bilden einen eindrucksvollen orientalischen Schmuck. Hier wurde das Abendmahl eingenommen, an dem auch einige von unseren Mitreisenden teilnahmen. Nach Rückkehr ins Hotel gab es eine kurze Ruhepause.

Um 15 Uhr ging es dann in das Wohnviertel „Mea Shearim" der orthodoxen Juden. Es wirkt wie ein Sperrgebiet. Wir durften nicht in Gruppen gehen, nicht laut sprechen oder fotografieren und Frauen mussten ein Kopftuch tragen. Die wenigen Leute (Männer mit wagenradgroßen Nerzkappen und Shylocklocken, Mädchen aufgeputzt mit gestärkten Röckchen, Lackschuhen und langen Zöpfen) sahen uns nicht an. Die Häuser sahen ungepflegt, unsauber und teilweise verkommen aus. Die Vorgärten waren wüst. Diese Juden leben nur zum Lesen der „Heiligen Bücher". Die Familien erhalten Sozialhilfe und Auslands-Almosen. Sie arbeiten nicht und warten auf die Erscheinung des Messias. In diesem Viertel besuchten wir eine äthiopische Kirche, arm aber liebevoll ausgestaltet. Die Äthiopier waren 1967 in großer Eile mit Flugzeugen als Christen nach Israel gebracht worden. Sie sind Israelis (Abkunft Königin von Saba und König Salomon), ihr Glaube ist der orthodoxischste unter den Christen, und basiert auf dem Johannis-Evangelium.

Der Rückweg führte durch das Armenische Viertel Jerusalems vorbei an der russischen Kathedrale mit ihren Zwiebeltürmen in Grün. Nebenbei noch zwei Erlebnisse in Jerusalems Altstadt. Als ich allein mit meinem Fotoapparat durch einige ruhige Straßen zog, sprach mich ein Mann, der mit seiner Tochter von etwa 6 oder 7 Jahren unterwegs war, an, zuerst auf Englisch, dann auf Deutsch. Er erzählte, er habe eine Reihe von Jahren in Westdeutschland gelebt, war mit einer deutschen Frau verheiratet gewesen und habe mit ihr seine erste Tochter groß gezogen. Nun sei er wieder in seiner Heimat und mit einer arabischen Frau verheiratet, mit der er dieses Mädchen mit Namen Aishe habe. Seine zweite Tochter erziehe er nun arabisch-muslimisch, denn wie seine erste, europäisch-modern aufgewachsene Tochter geworden sei, empfinde er nun als Sünde. Auf seine Nationalität angesprochen, bezeichnete er sich selbst als „Jordanier".

Das zweite Erlebnis war mit Marion Matthée am späten Nachmittag. Die Gruppe war mit Herrn Matthée enteilt, während seine Frau sich noch einen Rucksack im Basar kaufen wollte. Da wir beide nicht wussten, wo die anderen waren, und uns selbst ganz nah an der Grabeskirche aufhielten, regte ich an, noch einmal hinein zu gehen. Es war kurz vor 17 Uhr, die Kirche schließt täglich um diese Zeit, und welch ein Wunder: Das Gotteshaus war fast menschenleer. So konnten wir beide nacheinander allein am Grabe Christi stehen, für mich ein sehr bewegender Moment.

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