3.3 Brandenburg (Havel)
Acht Prämonstratenser aus Leitzkau (siehe Kapitel 3.4) siedelte 1147 der Wendenfürst Pribislaw an der bestehenden St.-Gotthard-Kirche in der Kaufmannssiedlung der Altstadt an. Sie bzw. Nachfolger bildeten ab 1161 das neue Domkapitel. Auf der Dominsel legten sie 1165 den Grundstein für den Dombau, erstmals aus unverblendetem Backsein. 1506 entband der Papst auf Bitte des Brandenburger Kurfürsten den Propst, den Prior und 22 Chorherren von den Ordensgelübden, so dass sie Diözesanpriester wurden. Die Prämonstratenser-Regel wurde in Brandenburg im Folgejahr aufgehoben, 1544 wurde das Domkapitel evangelisch-lutherisch, der letzte Priester trat 1555 über. 51
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Karl Friedrich Schinkel gab 1828 den Brandenburger Dom, der auf sumpfigem Untergrund und zudem verfüllten Wallgräben der alten Wendenburg steht, bereits verloren: „Sonst halten wir dafür, daß es nicht der Kosten verlohnen würde, im Äußeren eine bessere Architektur oder eine Vervollständigung derselben über die ganze Kirche ausgedehnt durchzuführen, indem das Gebäude auf eine sehr lange Dauer nicht mehr Anspruch machen kann." 52 Ab 1834 leitete er dennoch umfangreiche Arbeiten zum Umbau und Erhalt.

Erst 1962 wurde die unzureichende Fundamentierung in einer Kraftanstrengung überwunden: 60 Pfähle aus Stahlbeton reichen nun 14 m tief unter dem Mittelschiff in den Untergrund. Für die Sanierung in den 90er Jahren warben u.a. die Ritterakademie-Absolventen Otto Graf Lambsdorf und der wenige Tage vor unserer Reise verstorbene Vicco von Bülow, alias Loriot.
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Vom romanischen Dom St. Peter und Paul sind die Umfassungsmauern bis auf den Chorabschluss und das südliche Seitenschiff noch ursprünglich erhalten. Innen ist die nachträglich eingebaute Krypta von 1235, nicht aber ihr Gewölbe, romanisch (rechts: Kapitell mit fabelhaftem Vogelkrieger). Im selben Jahr wurde die sog. „Bunte Kapelle" im Untergeschoss des nördlichen Choranbaus zur Verehrung der Muttergottes geschaffen. Von der geplanten Doppelturmfassade wurde nur der Nordturm aufgeführt. Der Aufruf zu Bauspenden in drei großen Ablässen Ende des 13. Jh. sollte der Erneuerung in eine kathedralgotische Hallenkirche zu Gute kommen, welche aber wenige Spuren hinterließ und ein halbes Jahrhundert später, vermutlich wegen Wirren nach dem Aussterben der brandenburgischen Askanier, eingestellt wurde. Erst die neuen Landesherren, die Hohenzollern, bauten wieder, hielten aber an der basilikalen Form fest und ließen das Mittelschiff wölben. Der Ostbau mit seinem 5/10-Chorschluss charakterisiert in mittelalterlicher Tradition den Königspalast Christi.

Erst Mitte des 17. Jh. kam eine raumbreite Treppe zwischen Langhaus und erhöhtem Chor hinein, welche 1961 wieder abgebrochen wurde. Der Turm bekam ab 1669 seine jetzige Spitze oberhalb der sandsteinernen Wappen. 53
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Ab 1722 wurden alle mittelalterlichen Altäre entfernt. Der Altar im südlichen Querhausarm stammt aus Böhmen um 1375, der Zeit des Königs Karl IV. Der Figurenschrein zeigt im Mittelteil die Apostel Petrus, Paulus (Bild oben rechts: im unteren rechten Flügel), Andreas und einen Bischof (evtl. Augustinus) um eine Marienkrönung und auf der Predella bewegt gemalte Szenen aus dem Leben der beiden Dompatrone. Auf den Flügeln stehen links und rechts in je zwei Reihen übereinander je sieben heilige Männer und Frauen.
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Der andere Flügelaltar mit Schnitzfiguren in der Chorapsis von 1518 stand ursprünglich im Kloster Lehnin (Foto links, siehe Kapitel 2.5), danach im Berliner Dom; auch hier flankieren Petrus und Paulus eine Madonna, jedoch im Strahlenkranz auf der Mondsichel. Die gemalten Flügel zeigen innen links Maria Magdalena und Benedikt von Nursia und rechts die Hl. Ursula und Bernhard von Clairvaux; außen sind die vier Kirchenväter Gregorius, Ambrosius, Augustinus und Hieronymus aufgemalt.

Vor der Krypta steht der gemalte Kreuzaltar um 1470 mit Kreuzigungsgruppe und prämonstratensischem Stifter und wieder den Patronen auf den Flügeltafeln (Bild rechts).

Die Triumphkreuzgruppe datiert um 1430/40 und bildet ein Hauptwerk des norddeutschen „Weichen Stils". Das Sakramentshäuschen ist ein gotisches Tabernakel aus Holz und datiert von 1375.
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Ein Levitensitz stammt aus der 1. Hälfte des 14. Jh., das Chorgestühl wurde um 1539 aufgestellt. Ein um 1300 gearbeiteter Sakristeischrank ist erhalten.

Zwei Flügel der Klosteranlage stehen noch; derzeit laufen dort Bauarbeiten. Der westliche Flügel beherbergte von 1705 bis 1937 die Ritter-Akademie für die Söhne des märkischen Adels. Sie wurden für ihren Dienst in preußischem Militär und Verwaltung vorbereitet, aber auch in Fortifikation, Heraldik und Genealogie geschult. Im zweigeschossigen Bau befindet sich übrigens eine monumentale Aula mit ornamental verzierten Wänden, farbig gefasster Holzdecke mit aufwendigem Hängewerk, Maßwerkfenstern, schweren Eichentüren und prächtigen Lüstern, saniert auch mit Hilfe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. 54 Hier im 1871 erneuerten Gebäude ist neuerdings eine evangelische Schule in Betrieb. Im Nord- und Ostflügel mit Kapitelsaal und Dormitorium sind Sammlungen, Bibliothek und Archiv untergebracht sowie das Dommuseum, auch mit wertvollen Textilien. - Letzteres ist vom Dom aus frei zugänglich, wir durchstreiften es nur kurz nach der Andacht im Dom.

3.4 Leitzkau
Der Brandenburger Bischof Hartbrecht ließ hier 1107 eine Kapelle aus Holz errichten, die schon sieben Jahre später in Stein erneuert wurde - den frühesten Steinbau östlich der Elbe. 1133 wurde, vielleicht noch von Norbert (siehe Kapitel 1.4) selbst, hier ein Prämonstratenserstift eingerichtet. Dieses erhielt 1139 von Bischof Wigger von Brandenburg bei der bestehenden Pfarrkirche St. Petri den Charakter eines provisorischen Brandenburger Domkapitels. Von 1147 - 55 entstand außerhalb des Dorfes ein monumentaler Neubau aus Bruchsteinen. 55 Schutzherr war Albrecht der Bär. Schon wenige Jahre später, als Brandenburg wieder Bischofssitz war, verlor Leitzkau an Bedeutung. Um 1535 hob der Brandenburger Kurfürst Joachim II. im Zuge der Reformation das Kloster auf, nachdem nur noch vier oder fünf Ordensleute katholisch waren.

Von 1564 bis zur Enteignung 1945 war die Klosteranlage im Besitz der Familie von Münchhausen. Drei Schlösser in für dieses Gebiet unerwarteter Weser-Renaissance wurden gebaut: Schloss Althaus, Neuhaus und Hobeck aus dem Propsteigebäude.
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Von der romanischen Kirche wurden Seitenschiffe und Chorraum abgebrochen, Mittelschiff-Arkaden und Triumphbogen wurden vermauert. Nach dem Wiederaufbau infolge der Kriegszerstörungen war ab 1962 für 35 Jahre eine Schule in Neuhaus und Hobeck untergebracht. Jetzt wird hier die Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt verwaltet sowie ein Museum eingerichtet. Die im Krieg zur Ruine gewordene Saalkirche hat wieder ein Dach, ist aber - wie Chorin - zum Hof offen. - Wir hielten hier unsere tägliche Andacht.
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