3.5 Kirch Grubenhagen
Grubenhagen gehört zu jenen Dörfern, die nach dem Wendenkreuzzug Heinrichs des Löwen 1147 im Lande Circipanien, einem Stammesgebiet der Liutizen, gegründet wurden. In der ersten Urkunde von 1243 wurde Ritter Grube auf Grubenhagen genannt. Bereits vor 1340 erwarb Ludolf Moltzan den Besitz, und Grubenhagen wurde der Stammsitz der mecklenburgischen Linie derer von Maltza(h)n (unten: Epitaph mit deren Wappen).
Bildname
Bildname
Die Dorfkirche St. Johannis zu Kirch Grubenhagen wurde in der ersten Hälfte des 13. Jh. auf einem steilen Berg als Wehrkirche für die umliegenden Dörfer erbaut. Dieser imposante, mächtige Kirchenbau gehört zu den ältesten der Region und zeigt eindrucksvoll den Übergang vom romanischen zum gotischen Baustil.

Auf Betreiben des Ritters Dietrich von Moltzan, der seit seinem Studium 1514 in Wittenberg mit Luther und Melanchthon befreundet war, predigten hier evangelische Geistliche schon lange vor der Reformation.
Bildname

Die beiden Epitaphien in üppiger Barockschnitzerei und Vergoldung sind um 1700 entstanden und in den Zwickeln des Chores aufgehängt worden. Die Kanzel von 1707 wird von der Figur des Moses getragen. Maltza(h)nsche Allianzwappen und Grabplatten schmücken die Kirche.

1861 wurde die Kirche unter Carl von Maltzahn umgebaut: Die romanischen Schlitzfenster wurden zugemauert (Bild oben rechts) und neue größere eingelassen; der Chor wurde um eine polygonale Apsis über einer Gruftkapelle erweitert. Hinzu kamen das Holzgewölbe, der neogotische Altar (Bild rechts), die Emporen an der Nordwand und neues Gestühl. 41

Frauen von der Kirchengemeinde empfingen uns im Turmuntergeschoss mit Kaffee und selbst gebackenem Kuchen. Einige Damen unserer Reisegruppe ließen sich aus dem Gedächtnis die Backrezepte in den Schreibblock diktieren, so gut hat der Mohn- und Quark-Sahne-Kuchen geschmeckt.
Bildname
Bildname
3.6 Ulrichshusen
"Das hatten Sie schon lange vor." So wirbt Helmuth von Maltzahn für sein Schlosshotel Ulrichshusen (Logo statt Wappen links). Fotos des auf einem grünen Hügel hinter hohen Bäumen am malerischen See liegenden Schlosses sind inzwischen weit verbreitet. 42 Doch wo liegt Ulrichshusen? Es ist ein Ortsteil von Schwinkendorf, zwischen Teterow, Malchin und Waren (Müritz).

Das Wasserschloss, eine Übergangsform zwischen mittelalterlicher Burg und Feudalsitz, wurde1562 von Ulrich von Maltzan (noch ohne h, dessen Vater übrigens auf Grubenhagen saß) und seiner Frau Margarethe von Kardorff errichtet. 1624 brannte es zumindest teilweise ab, wobei auch der viereckige Burgfried zerstört wurde. Bernd Ludolph Maltzan, General Wallensteins Quartiermeister, baute es binnen zwei Jahre wieder auf.
Bildname
Bildname
1649 wurde es auf Pfand für 30 Jahre an den schwedischen Oberst Carl Didriksson Rutt (bzw. Dietrichson Ruth) verkauft. Dann gelangte es an dessen Schwiegersohn, Joachim Ehrenreich von Arnim. 1688 erhielt es Baron Johann Heinrich Erlenkamp auf Vielist als Pfand. 1722 ging das Erbrecht des Lehnsgutes an die Rothenmoorer Maltzan-Linie über. 1762 erhielt es Vollrath Levin II. von Maltzan für 30.000 Taler zurück. Dieser Zweig der Maltzans starb 1815 nach dem Duell von Erblandmarschall Cord Jasper aus; die Grafen Maltzan auf Militsch in Schlesien erbten Ulrichshusen. 1831 verkauften sie es an die Linie Hahn-Basedow. Das alte Schloss diente als Gesindehaus (über die verkommenen Sitten klagte der Pastor), im 1. und 2. Obergeschoss waren Kornlager. Der Verwalter Sellschop verkaufte Schloss und Ländereien 1929 an die kinderlosen Grafen Bassewitz-Schlitz.

Nach 1945 war es Flüchtlingsquartier, dann Tanzsaal, Konsum, HO-Anlaufstelle u.ä., bevor es nach der Entnahme von viel Baumaterial verfiel. Vom 4. bis 7. Februar 1987 brannte das ganze Schloss bis auf die Grundmauern ab. Dach und das innere Gefüge waren vollständig zerstört. 43

Die Nebengebäude waren abgetragen, die Insel war von Urwald überwuchert, die Teiche waren verlandet. Helmuth von Maltzahn kam erstmals von Gülz bei Altentreptow nach Ulrichshusen, wo ihm prompt eine Eule auf die Schultern gesch... hatte.
Bildname
Bildname
1992 bewarben sich die "Scientologen" beim Bürgermeister um das Ruinengrundstück. Von Maltzahn lud die Presse ein, denn die Scientologen scheuen das Licht der Öffentlichkeit. 1993 entschlossen sich Helmuth und Alla von Maltzahn zum Kauf und zum Neuaufbau. So weit es möglich war, ließen sie historische Materialien (Backsteine, Biberschwänze usw.) verbauen. Sie wollten eine kulturelle Nutzung und brauchten dazu Hilfe. Er wandte sich an Justus Frantz, um Ulrichshusen zu einem zentralen Austragungsort der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern zu machen. Die Gutsscheune war voll Müll und wurde leer geräumt, so dass darin 1.200 Zuhörer Platz finden.

Seit 2001 steht hier wieder ein fertiges Haus - das Schlosshotel Ulrichshusen. Auf der Landseite steht der ehemalige Pferdestall von 1850 - 60 mit seinen "preußischen Kappen" zwischen eigentümlichen Balken, die auf der Spitze stehen, damit der Schweiß der arbeitenden Tiere abtropfen konnte. Hier untergebracht ist jetzt das Restaurant "Am Burggraben" mit 160 Plätzen drinnen und weiteren 150 Plätzen draußen auf der Terrasse. Oben wurden wie auch in der alten Stellmacherei weitere Hotelzimmer eingerichtet, so dass insgesamt 18 komfortable Räume bereit stehen. 44

Das Schlosshotel ist bei Hochzeitspaaren ebenso beliebt wie bei Betrieben für Tagungen, die den neuen zweistöckigen Rittersaal mit bis zu 400 Plätzen nutzen. Der riesige Kamin soll so bemessen sein, dass darin ein halber Ochse gegrillt werden kann.
Bildname
Bildname

Der Treppenaufgang, die Flure o.ä. wurden in dreieinhalb Jahren vom russischen Maler Alexej sehr romantisch ausgemalt. Das zweite Obergeschoss und das Dachgeschoss beherbergen Zimmer, jedes individuell arrangiert (Ich hätte so gern Zimmer 33 mit in meinem Koffer gepackt, als wir nach zwei Nächten wieder ausziehen mussten). Ganz oben im Spitzboden ist der Frühstücksraum. Das Obergeschoss des Treppenturms ist ganz verglast und bietet an sechs Zweiertischen einen schönen Rundblick auf die Landschaft. Die drei Wappentafeln außen am Turm wurden abgenommen, sie müssen erneuert werden.

Das Schloss und den ehemaligen Pferdestall zeigten uns bei kaltem Wind die Eigentümer, Helmuth und Alla von Maltzahn. Seit über 20 Jahren arbeiten sie eng mit Prof. Kiesow von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zusammen, denn sie haben lange bei Frankfurt am Main residiert, nachdem er seine Kindheit im Land Oldenburg verbracht und dort auch etwas Plattdeutsch gelernt hatte. Land hat von Maltzahn 1996 erstmals gepachtet.
Bildname
Bildname
Er klagte mehrmals darüber, es sei ein schwerer Fehler der Politik von 1989 gewesen, das Land von den Gebäuden getrennt zu haben. Und: Nach 1989 wäre im Osten mehr zerstört worden als von 1945 bis 1989. Die Treuhandanstalt und ihre Nachfolgerin BVVG hätten sich wie Gutsherren verhalten - sich nicht reinreden lassen. Die Herrenhäuser wurden zu Spekulationsobjekten und oft an drei bis vier Besitzer nacheinander weiter gereicht. Grundstücke wurden zu Bauplätzen aufgeteilt und verkauft, oft zu nah an den Herrenhäusern.

Trotz aller Unbilden fühlt sich Helmuth von Maltzahn hier "toll aufgenommen". Quasi jeder Bewohner des kleinen Gutsdorfes hält eine Ferienwohnung zum Vermieten bereit, so dass alle vom neuen alten Gutsbesitzer und seinen Aktivitäten profitieren.

3.7 Basedow
Die Gemeinde Basedow mit etwa 780 Einwohnern liegt östlich am Malchiner See im ehemaligen Kreis Demmin im Herzen Mecklenburg-Vorpommerns.
Bildname
Bildname
Die Kirche von Basedow wurde 1247 durch den pommerschen Bischof von Cammin geweiht und der Kirche von Malchin unterstellt. Der Ort befand sich damals im Besitz des Ritters Theoderich oder Dietrich Luch. 1337 belehnte Fürst Johann von Werle vier Brüder Hahn mit den Dörfern Basedow, Gessin und Sandliepen. Im Siebenjährigen Krieg wurde der Ort Nebenkriegsschauplatz; Häuser brannten und wurden geplündert. Bis 1945 blieb Basedow der Sitz der Familie Hahn, die 1802 in den Reichsgrafenstand erhoben wurde.
Bildname

Der älteste Teil der Kirche ist der rechteckige Chor aus Feldsteinen. Im 15. Jh. wurde das Gotteshaus mit einem breiteren, dreijochigen Kirchenschiff aus Backstein erweitert. Aus der Zeit der Reformation stammt die für Mecklenburg überaus reiche Innengestaltung.

An der Ostwand des Chores befindet sich der Reliefaltar aus Sandstein von 1592, der Abendmahl, Kreuzigung und Auferstehung Christi darstellt. Die Bibelszenen werden von Renaissance-Ornamenten wie Beschlagwerk gerahmt. Zahlreiche farbig gefasste Wappen und Schrifttafeln zeugen vom Stolz der Stifter. Vom Ende des 16. Jh. stammen Epitaphe für die Familien Hahn, von der Schulenburg, von Maltzahn und von der Lühe mit zahlreichen Wappen und allegorischen Figuren.
Bildname

Die Kanzel kam 1691 dazu. Die Kreuzigungsgruppe im Triumphbogen stammt wie das Taufbecken draußen vor der Kirche von einer anderen, im 30-Jährigen Krieg wüst gewordenen, Kirche.

Der wertvollste Schmuck ist ein Klangdenkmal ersten Ranges mit drei Manualen, 36 Registern und 1.888 Pfeifen. Mit St. Marien zu Stralsund und dem Dom in Schwerin zählt diese Orgel zu den drei wertvollsten in ganz Mecklenburg-Vorpommern. Die Barockorgel in Basedow von 1680 - 83 ist die älteste noch erhaltene in Mecklenburg. Die Orgelbaumeister Vater und Sohn Heinrich Herbst und Samuel Gercke aus Güstrow haben sie geschaffen. Vermutlich hat auch der berühmte Arp Schnitger mitgewirkt. Die farbig gefasste Brüstung der von toskanischen Säulen getragenen Empore ist mit reichem Beschlagwerk und Wappenschilden geschmückt.  

Am Unterbau der beiden Pedaltürme sind die bekannten "Basedower Löwen" zu sehen, die ihre Zunge ausstrecken und die Augen bewegen können. Die Flügel lassen sich zuklappen, um die Lautstärke dieses gewaltigen Instruments in dem kleinen Kirchenraum zu dämpfen. Die Orgel war 1982 "schrottreif" und wurde von Firma Schuke aus Potsdam restauriert. Jetzt, wieder im Urzustand, wird dieses seltene Instrument von namhaften Organisten aus Japan, den USA, Australien und anderen Ländern der Welt bespielt. Für uns gab Herr Reech kurze Lieder zum Mitsingen auf der Orgel wie "Lobet den Herren", "Nun danket alle Gott" und "Geh aus mein Herz und suche Freud".
Bildname

1855 - 57 wurde die Kirche renoviert, der neugotische Turm wurde 1853 angebaut, und auch das Portal der Kirchhofsmauer nach einem Entwurf von Friedrich August Stüler hinzu gefügt.

Eine mittelalterliche Burg des Ritters Lüdeke III. von Hahn wurde 1467 erwähnt, die aus Hauptturm, Mauern, Gräben, Vorburg mit zwei Türmen, Gewölbe, Rüstkammer und Archiv bestanden hat, aber in der ersten Hälfte des folgenden Jahrhunderts bereits als verfallen beschrieben wurde. Der dreigeschossige Schlossbau auf den Resten der Burg wurde 1552 im Stil der Renaissance vollendet. Im 17. Jh. entstand ein neuer zweigeschossiger Flügel, der im folgenden Jh. teilweise stuckiert wurde. Nach Zeichnungen des Berliner Architekten Stüler wurden im 19. Jh. der Nordflügel und die Terrassen des Schlosses erbaut, der 1891 abgebrannt und bis 1895 neu errichtet wurde, sowie das neugotische Torhaus von 1837/38. Dieses Torhaus ist heute Ruine, nachdem im 2. Weltkrieg hier eine Oberschule aus Rostock untergebracht war, und beim Heizen Glut von der Schaufel fiel. Der Ostflügel wurde von 1891 - 95 von einem hannoverschen Architekten in Neorenaissance angebaut. Beim Einmarsch der Roten Armee 1945 floh die gräfliche Familie und das Schloss wurde geplündert. Nach der Einquartierung von Flüchtlingsfamilien aus dem Osten wohnten hier zeitweilig über 100 Menschen.  

Uns führte einmal um das dreiflügelige Herrenhaus, eine der bedeutendsten Schlossanlagen Mecklenburgs, der stellvertretende Bürgermeister und Wandersmann Herr Heine. Er erwähnte, dieses sei die einzige Liegenschaft der Treuhandanstalt, in deren Dach und Fassade diese investiert hat, weil die Gemeinde zu ihrem 750-Jahres-Jubiläum inständig darum gebeten hatte, und zwar rund 3 Mio. Euro. Die spätere Versteigerung nach einem Zwischenerwerb durch einen westdeutschen Geschäftsmann brachte 360 Tausend Euro. Sie lief so ab: Im Berliner Rathaus Schöneberg wurden 2004 diverse Liegenschaften angeboten. Eine der letzten war Basedow. Zwei Schweizer lagen mit ihrer Yacht vor Sizilien und boten über Handy mit.

Im 19. Jh. wurden nach Plänen von Stüler einige Bauten im Dorf errichtet, wie der inzwischen verfallene klassizistische vierflügelige Marstall (1838), das Landhaus (1842), die Brauerei (1850) und die Oberförsterei (1865). Auch eine Meierei, eine Ziegelei und eine Sägerei hatte der Ort.

Den Schlosspark im Stil eines englischen Landschaftsgartens gestaltete Peter Joseph Lenné von 1835 - 52. Ein Ärgernis für Frau Büttner bildet die nagelneue Villa eines Großlandwirts. Dieser hat trotz Verbotes durch die Denkmalbehörde zwei Rundtürme mit Hauben aus Kupfer decken lassen.

zurück   Übersicht   weiter
Bildname
Bildname