Mit dem Bau des Residenzschlosses begannen die neuen Mecklenburger Herzöge ein Jahr darauf. Herzog Ulrich verpflichtete in zwei Bauphasen den zuvor an Schloss Brieg in Schlesien wirkenden lombardischen Baumeister Franz Parr und den Niederländer Philipp Brandin, die in einer originellen Verschmelzung italienischer, französischer und mitteleuropäischer Tradition ein Bauwerk von europäischem Rang schufen.
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Den hoch aufragenden Westflügel prägen seine vielgestaltigen Giebel, Türme und Schornsteine. Der Südflügel gedieh Meister Parr nur bis zum imposanten, französisch inspirierten, Wendelstein, wohl aus Kostengründen bis 1598, während Brandin die schlichteren Nord- und Ostpartien mit seinem Schüler Claus Midow ausführte. Dieser musste auch den 1586 abgebrannten Nord- und Ostteil erneuern.

Wir besichtigten Teile des West- und Südflügels. Der kurze Rundgang begann in der großen Hofstube im Erdgeschoss, in dem zu DDR-Zeiten eine öffentliche Bücherei untergebracht war. Zu Residenzzeiten wurden hier bis zu 295 Hofbedienstete beköstigt. Im 1. Obergeschoss gefällt besonders der "Vorsaal des Herzogs" mit seiner farbigen Renaissance-Flachdecke. Das vieleckige Turmkabinett trägt noch die Bemalung des 17. Jh.

Unsere resolute Führerin, Frau Hanna Hannemann, war besonders von den Original-Türen von 1563 mit ihren Intarsien italienischer Stadtmotive angetan.

Der Festsaal im Südflügel verdient wirklich Bewunderung mit seiner gestützten, abenteuerlich durchhängenden Balkendecke, schwer vom reichen Stuck. Aus der Erbauungszeit haben sich diese prächtigen Stuckdecken erhalten, die zu den bemerkenswertesten Norddeutschlands zählen und eine einmalige kultur- und kunsthistorische Kuriosität darstellen. Das lebensvolle Rotwildfries mit ruhenden und spielenden Wildtieren mit echten Geweihen schuf Christoph Parr um 1570, den Prototyp einer herrschaftlichen Wilddekoration, die europaweit Nachfolger fand.
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Diese naturnahen Reliefs erinnern an Zeichnungen von Lucas Cranach im Gebetbuch Kaiser Maximilians von 1515. Besonders üppig präsentiert sich der Stuck an der Festsaaldecke in 28 Feldern mit vorwiegend exotischen Jagdszenen aus Afrika und Asien nach Kupferstichen aus Antwerpen. Herzog Johann Albrecht II. ließ sie 1620 durch Daniel Anckermann anbringen. 26

1628/29 residierte Albrecht von Wallenstein im Schoss Güstrow. Der letzte Herzog Gustav Adolf betraute den Hugenotten Charles Philipp Dieussart mit der Modernisierung seiner Residenz. Er ließ u.a. das barocke Torhaus und die zur Orangerie ausgebaute Schlossbrücke errichten. 27

Nach dem Ende des Herzogsgeschlechts 1695 wurde das Schloss nur noch gelegentlich genutzt. Die Schweriner Herzöge befahlen, es abbrechen zu lassen - doch die Güstrower Bürger wehrten sich. Sie erreichten 1795, dass lediglich der Ost- und der halbe Nordflügel mit der Schlosskapelle abgetragen wurden, während die als Wahrzeichen bekannten Teile erhalten blieben.
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1811 diente das alte Schloss französischen Soldaten als Unterkunft und Lazarett. 1817 begann ein besonders düsteres Kapitel, als man im Schloss ein Landarbeitshaus/ Zwangsarbeitshaus einrichtete. Gelder wurden bereit gestellt, alte Schäden wurden beseitigt, Zwischenwände und -decken eingezogen, dabei Stuckaturen abgeschlagen und Malereien überstrichen sowie ganze Raumstrukturen der Funktion eines Gefängnisses angepasst. Nicht nur für 200 bis 600 Insassen - Männern getrennt von Frauen mit ihren Kindern - zählte es rasch zu den am meisten gefürchteten Institutionen des Landes Mecklenburg. 1846 waren hier untergebracht: "28 Vagabunden, 104 Heimatlose und 219 als Korrektionäre, entsprechend der Polizeiordnung eingeliefert". Zwischen 1933 und 45 wurde das Schloss als Schutzhaftanstalt missbraucht. Danach diente es zunächst als Flüchtlingsunterkunft, dann als Feierabendheim. Die Stadt- und Kreisbibliothek zog 1962 ein, das Kreiskabinett für Kulturarbeit, und die Abteilungen Kultur der Räte des Kreises und der Stadt folgten. Der Klub der Werktätigen, das Klubkino und der Studentenklub der Pädagogischen Hochschule übernahmen ihre Aufgaben im Schloss. Nach langwierigem Kampf engagierter Güstrower Bürger wurde von 1963 - 80 das Schloss restauriert und der Renaissancegarten neu angelegt. Die Beete, auch mit Lavendel bepflanzt, nehmen die Formen unter den Gewölben der Laubengänge ein, wobei insbesondere das Herz in der Mitte Frau Büttner erfreute.

2.5 Malchow
Die Kleinstadt Malchow mit etwa 7.150 Einwohnern liegt in der Mecklenburgischen Seenplatte, nicht weit von der Müritz zwischen Fleesensee und Malchower See. Der Ort wurde auf einer Insel erbaut, 1147 erstmals schriftlich erwähnt und 1235 von Nikolaus von Werle mit dem Schwerinschen Stadtrecht ausgestattet.
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1298 wurde Alt-Malchow Standort des Nonnenklosters von Röbel und wandelte das Büßerinnenkloster in ein Zisterzienser-Nonnenkloster um. Nachdem die Häuser auf der Insel zweimal abgebrannt waren, wurde die Stadt ab 1721 auf das Festland hin erweitert. Bis zur Zerstörung im 30-Jährigen Krieg bestand eine Holzbrücke zum Ostufer. Der anschließende Fährdienst wurde erst 1846 durch einen Erddamm ersetzt. Zur Westseite wurde 1863 eine Drehbrücke gebaut. Dadurch besteht die Stadt heute aus drei Teilen: der Insel, dem östlichen Teil mit dem Kloster und Stift und dem westlichen Teil.

Der Orden der Büßerinnen nahm eine innere Wandlung vor: Waren anfangs "gefallene Mädchen" aufgenommen worden, traten später zunehmend Adlige ein. Sie lebten nach Regeln der Zisterzienserinnen, bis sie 1530 zum evangelischen Glauben übertraten. Wie Ribnitz und Dobbertin wurde Malchow nicht aufgelöst. 1572 wurde dieses Kloster zum Damenstift für unverheiratete adlige "Jungfrauen" umgewidmet. Die Stiftsvorsteherin hieß nun Domina. Den Stiftsdamen war erlaubt, je ein junges Mädchen auszubilden, so dass sich der Adel schon bei der Geburt einer Tochter dort einzukaufen suchte. Vom Kreuzgang gehen Türen in die Wohnungen ab. Um eine Küche angeordnet, liegen die Zimmer, jeweils eine große Stube und eine kleine Kammer, auf zwei Etagen. Das Kloster wurde von Beamten verwaltet, für die im 18. und 19. Jh. weitere Häuser errichtet wurden. Das Klosterensemble besteht seitdem aus zwei umbauten Höfen.

Die Klosterkirche wurde von 1844 - 49 mit einem 53 Meter hohen Turm errichtet. Nach dem Brand von 1888 wurde sie neogotisch wieder aufgebaut. Seit 1997 gehört das Gebäude der Stadt Malchow. Sie hat darin ein Orgelmuseum eingerichtet - das einzige in einer Kirche in Deutschland. Hier werden gefährdete Instrumente als Leihgaben bewahrt und zum Teil wieder spielbar gemacht.
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Museumsleiter Albert Winkler erklärte uns die Geschichte des Orgelbaus der letzten Jahrhunderte. Ab 1850 gab es einen starken Aufschwung im Kirchen- und Orgelbau; maschinelle Fertigungstechniken und neue Register machten es möglich. Nach dem 1. Weltkrieg wendete man sich wieder mehr zum Barock und zu Bach mit hell klingenden Pfeifen. Der neueste Trend geht wieder mehr zur Romantik, aus dessen Zeit in Mecklenburg viele Orgeln erhalten sind, denn das Geld zum Umbau mit Barockklang fehlte. Herr Winkler erklärt uns auch die Funktionsweise einer Orgel an einem Schulmodell und spielte uns einige Klänge vor. Trotz des Museums kann hier immer noch kirchlich geheiratet werden.

Frau Büttner führte uns um und durch die Klostergebäude. Die zweigeschossigen, lang gestreckten Häuser mit Mansarddächern strahlen eine zeitlose Würde aus. Noch leben einige Menschen hier unter kargen Bedingungen mit Kohleöfen, nur einer Zapfstelle für Wasser pro Wohnung und gemeinsamen Toiletten. Wenn eine Stiftsdame starb, wurde ihre Wohnung an eine bedürftige Familie vergeben. Heute gehört das Kloster der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft. Ein Backsteingebäude aus dem 19. Jh. wurde 2000/01 grundlegend saniert. Hier wohnen jetzt vorwiegend junge Leute. Für das Kloster wurde inzwischen eine treuhänderische Stiftung eingerichtet. Diese möchte in den Gebäuden auch Kultureinrichtungen unterbringen, dabei auch Ausstellungsräume für die beiden Malchower Maler Sieghard Dittner und Rudolf Gahlbeck. 28
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2.6 Waren
Waren liegt bekanntlich an der Müritz. Die Müritz - das slawische Wort kommt von Morze, also Meer -  ist kein Fluss, sondern der größte vollständig in Deutschland liegende Binnensee. Die bisherige Kreisstadt hat etwa 21.400 Einwohner und wurde immer mehr zu einem Ferienort.

Angeblich soll der Ort schon 150 n. Chr. vom alexandrinischen Geografen Claudius Ptolemäus als "Virunum" genannt worden sein. Der Name geht möglicherweise vom germanischen Stamm der Warnen (Variner) aus.
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Die mittelalterliche Stadt wurde um 1260 an einer Handelsstraße bei einer Burg und einem slawischen Dorf von Siedlern aus Westfalen gegründet. Die Altstadt lag um die Georgenkirche, am dreieckigen "Alten Markt". Die Georgenkirche wurde 1273 erstmals erwähnt.

Um die Marienkirche entstand wenig später die Neustadt, welche 1325 mit der Altstadt vereint wurde. Mittelpunkt war jetzt der quadratische "Neue Markt" (links im Bild).

Große Stadtbrände 1568 und mehrere in der zweiten Hälfte des 17. Jh. und der 30-Jährige Krieg verwüsteten die Stadt. Die Kanalisierung der Elde ab 1798 und der Bau des Bolter Kanals ab 1831 bewirkten den Aufschwung der Wirtschaft. Mehrere Industriebetriebe siedelten sich an.

Wir betrachteten die sämtlich restaurierten Häuser um den Neuen Markt mit dem Neuen Rathaus aus der Tudor-Gotik, die Löwen-Apotheke und schönen Bürgerhäuser. Am Alten Markt steht noch das gotische Alte Rathaus mit seinen zugemauerten Gerichtslauben. Die Kirche St. Georgen konnten wir nicht innen besichtigen, weil wegen des Sonntagvormittags Gottesdienst abgehalten wurde. Das Bauwerk vom Anfang des 14. Jh. ist eine dreischiffige Basilika mit Kreuzrippengewölbe und einem vierjochigen Langhaus, dazu gehört ein quadratischer Westturm von 1414. 29
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