2.6 Pavia
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Pavia - mit betontem i gesprochen - ist eine Stadt mit 71.000 Einwohnern, liegt 35 Kilometer südlich von Mailand in der Lombardei am Tessin-Fluss kurz vor seiner Mündung in den Po und ist Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Das römische Ticinum war als Papia eine der Residenzen Theoderichs des Großen. Die umgebaute Zitadelle war das letzte Bollwerk der Goten. Nach der Eroberung durch die Langobarden wurde Pavia von 572 bis 774 die Hauptstadt der Lombardei und später bis ins 12. Jh. Hauptstadt  des Regnum Italicum.

1359 eroberte die Herrscherfamilie Visconti aus Mailand Pavia, die Stadt wurde Zentrum der norditalienischen Kunst und Wissenschaft. In den bourbonisch-habsburgischen Kriegen wurde Pavia 1525 von Spanien besetzt und blieb es bis 1713. Pavia wurde durch österreichische Potentaten bis 1796 regiert, als es die französische Armee eroberte, und wieder von 1815 bis 1859, der Gründung Italiens. 17
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Im regelmäßigen Straßennetz stehen noch einige der einst 200 charakteristischen Geschlechtertürme (Bild oben links), vor allem aus dem 12. Jh. Die Ponto Coperto, also die Gedeckte Brücke, aus dem 14. Jh. musste nach dem 2. Weltkrieg neu gebaut werden. In der Kirche San Pietro in Ciel d'Oro, also Sankt Peter im Goldenen Himmel, sind seit dem achten Jh. die Gebeine des Hl. Augustinus begraben. Das verzierte Hochgrab von 1362 steht in der Mitte des Chores unter der vergoldeten Apsis (links). Die jetzige Kirche wurde 1132 geweiht. Die Augustiner sind Kanoniker statt Monastiker, sinnenfroh statt streng wie die Benediktiner, sozusagen "Feierabendmönche" mit Vermögen und Dienern, in feines Tuch gekleidet und genießen Fleisch als Speise, wie Prof. Matthée erklärte.

Der Dom ist ein Hauptwerk der lombardischen Renaissance und wurde seit 1488 nach Plänen Bramantes gebaut; die Fassade und die Kuppel sind erst aus dem 19. Jh. Der Stadtturm daneben aus dem 11. - 13. Jh. stürzte 1989 ein. 18
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In der Kirche San Michele in Foro wurde Karl der Große nach der Bezwingung der Langobarden zu deren König gekrönt. Später wurden auch deutsche Könige und Kaiser wie Friedrich Barbarossa hier gekrönt. Der heutige Bau wurde 1117 begonnen und 1155 geweiht. Bemerkenswert ist die romanische Sandsteinfassade (links der romanische Innenraum, rechts die Fassade, unten Detail mit dem Erzengel Michael).
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Das klassizistische Gebäude der Universität (links) ist von 1771 - 83 errichtet worden. Die bereits unter Kaiser Karl IV. von Giangaleazzi Visconti 1361 gegründete Universität ging aus einer Rechtsschule hervor und erlangte im 18. Jh. Weltruhm durch die Pflege der Naturwissenschaften. Prof. Matthée erklärte uns die Entstehungsgeschichte der Universitäten. Gelehrt wurden anfangs die - kirchlich anerkannten - Wissenschaften. Neben der ursprünglichen theologischen entwickelten sich die juristische und medizinische Fakultät. Bevor die Scholaren in sie eintraten, mussten sie die Artisten-Fakultät durchlaufen.
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Nach dem Studium von Grammatik, Rhetorik, Dialektik und Mathematik konnte man den Grad des Baccalaureus erwerben. Nach dem Studium der Logik, Physik, Metaphysik, Ethik, Politik, Astronomie und Geometrie konnte der Magistergrad erreicht werden. Den Doktorgrad verliehen die höheren Fakultäten. 19  Nach der Zeit der Entdeckungen entstand ein neues Weltbild. Die Artistik wurde aufgewertet, es entstanden Lateinschulen. Der Adel drohte abzufallen und gründete Ritterakademien.

Das Kastell der Visconti mit seinem weiten Innenhof ist jetzt Museum mit einer archäologischen Sammlung (rechts im Bild).
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2.7 Piacenza
Piacenza, im Altertum Placentia, ist mit etwa 100.000 Einwohnern Hauptstadt der gleichnamigen Provinz nahe an der Mündung des Trebbia in den Po. Der Ort wurde 218 v. Chr. als Militärkolonie latinischen Rechts von den Römern gegründet. 190 v. Chr. musste die Stadt mit 3.000 Familien neu besiedelt werden. Der Ort war ein wichtiger Knotenpunkt der Via Aemilia nach Mailand mit Pavia, Cremona und Genua.

Im Mittelalter hatten seit 997 die Bischöfe die Herrschaft. Im 12. und 13. Jh. gehörte Piacenza zum lombardischen Städtebund. 1336 kam es an die Visconti von Mailand. In der Regel blieb es guelfisch, aber einige Male rief es auch mächtige Ghibellinen zur Hilfe, wenn sie ihnen gegen ihre einheimischen Tyrannen helfen konnten. 1447 wurde Piacenza von den Sforza erobert und geplündert. 1512 besetzten es päpstliche Truppen, es kam an den Kirchenstaat.
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1545 wurde Piacenza mit Parma zum Herzogtum vereinigt. Bis 1731 wurde die Stadt von den Farnese beherrscht, die die Architektur fortan prägten. Im Österreichischen Erbfolgekrieg 1746 siegten die Österreicher über das französich-spanische Heer. 20 1796 wurde die Stadt von den Franzosen besetzt; 1848 trat sie dem Piemont bei, wurde aber bis 1859 von den Österreichern wieder besetzt. 21

Die Bürgerschaft begann 1122 mit dem Bau einer neuen Kathedrale neben dem seit 375 nachweisbaren älteren Dom, der erst 1544 abgerissen wurde. Der Bischof weihte erst viele Jahre nach der Fertigstellung 1233 die Kathedrale. Wegen der über hundert Jahre dauernden Bauzeit sind sowohl romanische wie gotische Stilelemente an der Fassade und im Innenraum zu finden. Die Rahmen der Portale geben biblische Geschichten wieder. - Die Kirche Sant' Antonio stammt dagegen aus dem 11. Jh. und wurde im 13. Jh. verändert.

Die Piazza dei Cavalli, also der Reiterplatz, wird von den beiden Reiterstandbildern flankiert, die heraus ragende Barockarbeiten sind. Links reitet Alessandro Farnese, gestorben 1592, der sich nach dem Sockelrelief seiner kriegerischen Erfolge in den Spanischen Niederlanden rühmt. Rechts sitzt sein Sohn Ranuccio I., gestorben 1622, der Szenen seiner karitativen Werke darstellen ließ. An der Piazza steht das Rathaus, das "Il Gotico" genannt wird. Während das offene Untergeschoss aus Kalkstein errichtet wurde, besteht das Obergeschoss aus Ziegelmauerwerk, das von einem Zinnenkranz abgeschlossen wird. 22
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