2 Kultur
2.1 Sprache
2.1.1 Alphabet 18
Die Könige Portugals

Deutsch

Spanisch

Portugiesisch

a

a

kurz wie in „Abend"

a

unbetont wie geflüstertes e

à

langes a (ah)

b

b

möglichst weich zu sprechen nach w hin

b

c

c

vor a, o und u und Konsonanten wie k, vor e und i wie ss in Lateinamerika, in Spanien stimmloser Lispellaut, stärker als in engl. th

c

vor a, o und u und

Konsonanten wie k, vor e und

i wie ss

ç

wie ss

ch

ch

wie tsch

ch

wie sch

d

d

möglichst weich zu sprechen

d

e

e

kurz und offen zu sprechen

e

unbetont wie geflüstertes i, im Anlaut vor s verschluckt („escudo" sprich „schkúdu"

ê

wie geschlossenes e (eh)

é

wie offenes e (ä)

f

f

f

g

g

vor a, o und u wie g, vor e und i wie ch

g

vor a, o und u wie g, vor e und i wie französisch j in „journal"

gu

wie g, das u ist stumm

gu

wie g, das u ist stumm

h

h

ist stumm

h

ist stumm

i

i

i

nach u nasaliert („muito" sprich „muínto")

j

j

wie ch

j

französisch j in „journal"

k

l

l

l

wie englisch Doppel-l in „hall", im Auslaut wie schwaches u

ll

Lj

lh

Lj

m

m

m

im Auslaut nasaliert den voran stehenden Vokal

n

n

n

im Auslaut nasaliert den voran stehenden Vokal

ñ

wie nj

nh

wie nj

o

o

o

unbetont und im Auslaut wie u

ô

wie geschlossenes o (oh)

ó

wie offenes o in „Osten"

p

p

p

qu

qu

wie k, das u ist stumm

qu

wie k, das u ist stumm

r

r

Zungen-r

r

Zungenspitzen-r, am Wortanfang stark gerollt

rr

rr

stark gerollt

rr

stark gerollt

s

s

vor Vokalen stimmlos wie ss

s

vor Vokalen stimmlos wie ss; zwischen Vokalen stimhaft wie s in „Sense"; vor harten Konsonanten und im Auslaut wie stimmloses sch; vor weichen Konsonanten wie j in französisch „journal"

u

u

u

v

v

wie w

v

wie w

x

x

wie ks

x

wie sch

y

y

wie j

z

z

wie ss, in Kastilien wie englisches th

z

wie stimmhaftes s in „Sense", im Auslaut wie sch


2.1.2 Wort- und Satzbeispiele
Spanische und portugiesische Satzbeispiele

Deutsch

Spanisch

Portugiesisch

ja/nein

sí/no

sim/não

bitte/danke

por favor/gracias

por favor/obrigado

Herr/Frau

Señor/Señora

Senhor/Senhora

Entschuldigen Sie!

¡Perdone (usted)!

Desculpe!

Einverstanden.

De acuerdo.

De acordo.

Ich verstehe Sie nicht.

(Yo) no lo entiendo.

Eu não o entendo.

Sprechen Sie Deutsch?

¿Habla (usted) alemán?

Você fala o alemão?

Können Sie mir bitte helfen?

¿Puede (usted) ayudarme,

por favor?

Pode ajudar-me,

se faz favor?

Ich möchte ...

Me gustaría...

Eu gostaria...

Wie viel kostet es?

¿Cuánta cuesta?

Cuanto custa?

Guten Morgen!/Guten Tag!

¡Buenos días!

Bom dia!

Guten Abend!/Gute Nacht!

¡Buenas tardes!/¡Buenas noches!

Boa tarde/Boa noite!

Wie geht es Ihnen?

¿Cómo está (usted)?

Como está?

eins, zwei, drei, vier, fünf

uno, dos, tres, cuatro, cinco

um, dois, três, quatro, cinco,

nach links, nach rechts

a la izquierda, a la derecha

à esquerda, à direito,

Worte in ( ) dürfen weg gelassen werden.


2.1.3 Entwicklung
Die vorrömischen Sprachen konnten sich bis zum Ende des 5. Jhs. halten. Die romanischen Sprachen wurden vom römisch-katholischen Klerus aus den Splittern der weströmischen Dialekte geformt. Basis war die Vulgata, die Bibelübersetzung, so Prof. Matthée.

Während der Völkerwanderung verdrängten die Sueben, also Westgermanen, die Römer. In dieser Zeit wurde diese Region unter Bischof Martin von Braga vollständig christianisiert, so gründlich, dass selbst die heidnischen Götternamen für die Wochentage ausgemerzt wurden (stattdessen Nummerierung wie in Luthers Bibel, aber Sabado und Domingo für Sonnabend und Sonntag wie im Spanischen). Luther war es auch, der aus den morgenländischen „Klippschliefern" die abendländischen „Kaninchen" (spanisch canejo) übersetzte. Aus dem phönizisch-aramäischen Sprachraum kommt das Wort „i-schepan-im" - „Land der Klippschliefer", woraus sich der Name Spaniens ableitet. - Der Name Portugal leitet sich zunächst von der Stadt Porto, also Hafen, römisch Portus Cale, ab. Die zweite Silbe übersetzt Prof. Matthée mit „schön", das hieße zusammen „schöner Hafen". Andererseits wurden die nördlich des Douro gelegenen Gebiete zur römischen Provinz Gallaecia zusammen gefasst, was auf den gallischen, galizischen bzw. keltischen Ursprung verweist.

Die Rückeroberung, die „Reconquista", verlief in fünf Strömen von Norden nach Süden, daraus entstanden fünf Sprachen auf der iberischen Halbinsel. Der kastilische Zweig eroberte seine beiden Nachbarn, so blieben nur drei bis heute übrig: galizisch-portugiesischer, kastilischer und katalanischer Zweig.

Die ersten schriftlichen Spuren der galizischen Umgangssprache reichen bis ins 9. Jh. zurück, doch verbreitete sie sich erst nach Bildung der Grafschaft und dann des Königreiches Portugal etwa um das Jahr 1100. Mit der Rückeroberung von den Mauren breitete sich die Sprache weit nach Süden aus, sich immer mehr vom Galizischen abhebend. Die Schriftsprache wurde insbesondere von König Dionysius aus der französischen Troubadour-Sprache erschaffen. Im Vergleich zu den beiden Schwestersprachen des Ibero-Romanischen, des Kastilischen und Katalanischen, hat Portugiesisch einen „lexikalischen und syntaktischen Konservativismus", was ihm einen „archaischen Zug" verleiht, aber auch „revolutionäre phonetische Züge wie den Verlust des intervokalen n und des l und seine kaum auszumachende Skala von Nasalen und Diphtongen (man wies 86 Diphtonge nach). 19

Prof. Matthée, der auch Romanistik studiert hat (man braucht zwei Sprachen aus verschiedenen der drei romanischen Zweige Italo-Romanik, Gallo-Romanik und Ibero-Romanik, wobei er sich nach anfänglichem Spanisch für Portugiesisch und Französisch entschieden hatte), wies uns auf die „Sononisierung der intervokalen stimmlosen Konsonanten in der Ibero-Romanik" hin. So wird in Substantiven und u.a. auch im Partizip Perfekt k zu g, n zu m, t zu d.

2.2 Literatur
Portugal wurde manchmal verglichen „mit einem schönen Landmädchen, das mit Europa zugewandtem Rücken an der Küste des Meeres sitzt". „Die portugiesische Dichtung besitzt zwei dominierende Töne: die Liebesdichtung und die elegische Dichtung. Portugal scheint die Heimat der traurigen Liebschaften und der großen Schiffbrüche zu sein...", so der Baske Miguel de Unamuno. 20

Vom 12. bis in das 14. Jh. blühte in Portugal und Galicien eine lyrische höfische Dichtung, die von der französich-provenzalischen angeregt war. Könige und Ritter, aber auch Spielleute und Bürger, waren die Dichter. Es lassen sich Männerlieder (cantigas de amor, Liebeslieder in denen der Sänger um hohe Frauenliebe wirbt), Frauenlieder (cantigas de amigo, Freundeslieder die Ausdruck der Sehnsucht eines Mädchens nach seinem Geliebten sind) und Schmäh- und Schimpfgedichte (cantigas de escárnio e maldizer, Spottlieder die oft persönliche Auseinandersetzungen widergeben) unterscheiden. Die Frauenlieder gehen auf ältere Volksdichtung zurück, handeln von treuherzigen Mädchen in Parallelstrophen oder alten Tanz-Rhythmen, die bereits die typisch portugiesische „Soidade", heute „saudade", etwa „Sehnsucht", „Heimweh", kennen. 21

2.2.1 Luís de Camões
Portugals Nationaldichter ist Luís de Camões. Vermutlich um 1524/25 als Sohn eines Schiffskommandanten geboren, studierte er vermutlich in Coimbra, wurde aber von König Joao III. wegen eines Liebesverhältnisses mit einer Hofdame verbannt. Er meldete sich als Soldat nach Nordafrika und verlor sein rechtes Auge. Kaum zurück nach Lissabon, musste er nach einem Duell sein Land wieder verlassen. Er wurde nach Goa/Indien geschickt, fiel dort in Ungnade, und reiste weiter nach Macao/China. Sein Posten eines „Versorgers der Toten und Vermissten in China" ließ ihm genügend Zeit für seine Dichtungen. Erst um 1570 kehrte er nach Portugal zurück. Sein letztes Lebensjahrzehnt verlebte er in Lissabon, in dessen östlicher, einst arabischer, Oberstadt Alfama er in absoluter Armut starb. 22

Camões schrieb u.a. Lieder, Oden und Sonette. Sein Hauptwerk ist das Epos „Os Lusíadas" (1572), das als „Die Lusiaden" auch ins Deutsche übersetzt vorliegt. Es erzählt (angelehnt an die Odyssee) die Geschichte der portugiesischen Entdeckungen und Eroberungen in Form eines Versepos. 23 Jahrhunderte der Geschichte und der Kultur fließen hier zusammen: Erinnerungen an Homer, Vergil, Aristoteles und Tasso, klassische Mythologie und moderne Wissenschaft und genaue Beschreibungen der Fahrt Vasco da Gamas, die das Hauptmotiv bilden. Die Lusiaden (die Söhne von Luso, auch Lusus, also die Portugiesen) sind eine Synthese der Kultur, der Vaterlandsliebe, des Glaubens und seines eigenen Lebens. „Ich besinge die Waffen und die mutvollen Männer, die vom westlichen Strand Lusitaniens über Meere getragen, die noch kein Bug durchfurcht, hinaus bis über Taprobaniens Gestade drangen und gestählt in Gefahren und in Schlachten mehr als Menschentaten nur vollbrachten und in fernen Gegenden ruhmvoll ein neues Reich begründeten", heißt es in der ersten Stanze.

Dieses Meisterwerk brachte dem Dichter eine Pension von König Sebastian ein. Diese großartige Dichtung macht aus Camões einen der größten europäischen Dichter aller Zeiten. 24 In seinen Gedichten und vor allem Liebessonetten fand Friedrich Schlegel „Anmuth und tiefes Gefühl, das Kindliche, Zarte, alle Süßigkeit des Genusses und die hinreißendste Schwermuth...". Für ihn galten die Lusiaden als ein Zeugnis des abendländischen Ethos, das von „Heldenmuth und Heldensinn" einer Nation kündet.

Einer der bedeutendsten Lyriker vor Camões war Bernardim Ribeiro (1482 - 1552). Er schrieb einen empfindungsreichen Liebesroman, die Nationaldichtung „Saudades". 25 Nicht zu verwechseln ist er mit António Ribeiro (ca. 1520 - 1591), einem respektlosen und spöttischen Dichter, der als „Chiado" bekannt wurde. Nach ihm ist ein Teil der westlichen Oberstadt Lissabons, des Bairro Alto, benannt, der um die Jahrhundertwende bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jh. Treffpunkt von Literaten und Künstlern war. Politischer und kultureller Austausch fand hier in den Cafés statt. 26 Vom Großbrand von 1988 sahen wir nichts mehr, jedoch sein Bronzedenkmal als Redner.

2.2.2 Fernando de Pessoa
Vor dem Café „A Brasileira" (Zur Brasilianerin), in das ein Teil unserer Gruppe einkehrte, sitzt für immer in Bronze auf einem Stuhl am Cafétisch Herr Pessoa. Der bedeutendste moderne Dichter Portugals ist er zweifellos: Fernando António Nogueira de Seabra Pessoa (1888 - 1935).

Zweisprachig aufgewachsen in Südafrika studierte er englische Literatur in Durban und Philosophie in Lissabon, wohin er mit 17 Jahren zurück kehrte. Das Studium gab er bald auf; er arbeitete als Fremdsprachenkorrespondent für verschiedene Lissaboner Firmen. Seine Einkünfte erlaubten ihm nur einen bescheidenen Lebensstil; er wohnte in möblierten Zimmern und bei Verwandten. Er lebte fast ohne menschliche Bindungen in totaler Vereinzelung. Zu Lebzeiten veröffentlichte er neben Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften nur ein einziges Buch. Erst nach seinem Tode fand man zwei Truhen voller Manuskripte. 27

Pessoa hatte drei Pseudonyme, eigentlich „Heteronyme",  wie er selbst sagte, die ihm verschiedenartige poetische Ausdrucksweisen erlaubten: als „Alberto Caeiro" gestaltete er prosanahe freie Verse, als „Álvaro de Campos" freie Rhythmen, als „Ricardo Reis" klassizistisch strenge Oden, während er unter „F. Pessoa" in „Mensagem" (1934, Botschaften) ein vergeistigtes Nationalgefühl beschwört. Hinter jedem dieser Heteronyme stand eine eigene Persönlichkeit mit eigener Biografie und besonderem Stil, sogar je ein Horoskop erstellte Pessoa.

Pessoa spielte „virtuos mit seiner ihm durchaus bewussten Persönlichkeitsspaltung und inneren Gebrochenheit, ... so schuf er Gedichte von einer magischen Vielfalt zwischen Musikalität und Sachlichkeit, Verschlüsselungen und rationaler Klarheit" (W. Höllerer). 28

2.3 Musik
Die portugiesische Seele drückt sich in einer besonderen Gesangesform aus: dem Fado. Das Wort kommt vom lateinischen Fatum, Schicksal. Viele Fados handeln so auch von Schicksalen: enttäuschte oder unerreichbare Liebe, Abschied, soziale Not, Heimweh und Fernweh, Trauer, Lissabons zerstörte Pracht, Portugals einstige Größe. Diese Musik strahlt Sehnsucht, Wehmut, Melancholie und „Saudade" aus. Saudade ist die vermeintliche Seelengrundstimmung der Portugiesen, die so etwas wie eine rückwärts gewandte Sehnsucht umschreibt. Der für Fremde, für die portugiesischen Sprache nicht Beherrschende, geheimnisvolle, schwer verständliche, kaum nachvollziehbare Gesang ist zwar eine Musik des Volkes, gilt aber nicht für ganz Portugal.

Woher der Fado kommt, ist umstritten. Die Einen behaupten, er sei ein Erbe der 500-jährigen maurischen Herrschaft. Troubadoure hätten die schwermütige Liebeslyrik weiter geführt. Einer anderen Theorie zu Folge hat sich der Fado aus einem afrikanischen Tanz („Lundum") entwickelt, der durch Sklaven nach Brasilien und schließlich nach Portugal kam. Wegen des melancholischen und sehnsuchtsvollen Charakters hält sich auch die Meinung, der Fado sei bei den portugiesischen Seefahrern entstanden.

Der Lissaboner Fado wird von einer weiblichen oder männlichen Stimme vorgetragen, von der bzw. dem „Fadista". Die Sängerinnen tragen oft eine schwarze Stola mit Fransen um die Schultern, die Sänger erscheinen ganz in Schwarz. Die bzw. der Fadista wird begleitet von einer zwölfsaitigen „Guitarra portuguesa (einer Laute, die der Melodie folgt) und einer sechssaitigen „Viola" (einer spanischen Guitarre, die den Rhythmus markiert). Fado vereint die einsamen Zuhörer zu einer Gemeinschaft, lädt ein zu einer Art kollektivem Ritual.

Maria Severa war die bekannteste und am meisten bewunderte Fadista des 19. Jhs. Als sie mit nur 29 Jahren starb, trauerte ganz Lissabon, und viele Dichter widmeten der hochverehrten „A Severa" Romane und Theaterstücke. Weltbekannt machte den Fado Amália Rodrigues in ihrer 50-jährigen Sangestätigkeit. Ein besonders schöner Fado ist „Uma casa portuguesa" („Ein portugiesisches Haus"), den uns Prof. Matthée vorsang, teilweise, zur Dokumentation und nicht seiner schönen Stimme wegen.

Der Fado von Coimbra, der alten Universitätsstadt im Norden, unterscheidet sich deutlich von dem aus Lissabon. Er entstand im Studenten-Milieu, ist nicht so schwermütig, sondern heiterer und humorvoller, vorwiegend lyrisch, mit Anklängen an die Ballade und greift studentische Themen auf. Er wird nur von männlichen Studenten vorgetragen.

2.4 Baukunst
2.4.1 Romanik und Gotik
Portugals erster König berief Mönche aus dem burgundischen Cluny in sein Land, die im Verlauf weniger Jahre über 100 Klöster auf dem von den Mauren befreiten Gebiet zwischen Minho und Douro bauten. Die meisten dieser Kirchen waren dem Wallfahrtsheiligtum von Santiago de Compostela nachgebildet. Die größeren Kirchen wiesen drei überwölbte Schiffe auf, die kleineren flache Holzdecken. Die Kathedrale, portugiesisch „Sé" (von lateinisch „sedes" = Sitz eines Bischofs) von Braga ist eine der ältesten und übte auf die Umgebung starken Einfluss aus. Die Kathedrale von Lissabon wurde 1755 durch das Erd- und Seebeben fast vollständig zerstört, aber zum großen Teil erneuert. Portugal besitzt heute etwa 50 romanische Kirchen, unter denen die „Sé Velha" von Coimbra die wichtigste ist.
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Alfons I. (Afonso I.) berief auch die Zisterzienser nach Portugal und überließ ihnen das Gebiet von Alcobaça (links im Foto). Die neue Kirche Santa Maria hatte sich nach dem Grundriss vom Mutterkloster Clairvaux zu richten, ihr Chorumgang ähnelt dem von Pontigny. Alfons Name ist auch mit der Rotunde von Tomar verbunden, denn er rief den Templer-Orden im Kampf gegen die Mauren. Dieser Zentralbau stellt eines der sehr seltenen Beispiele orientalischen Bautypus dar, wie er von der Jerusalemer Omar-Moschee bekannt ist. Viele der portugiesischen Kirchen haben ein festungsartiges Aussehen, und zahlreich sind auch die zum Schutz gegen die Araber errichteten Burgen und Festungen, etwa die von Guimarães am Tejo und an der spanischen Grenze, z. B. in Montalegre, Elvas und Leiria.

Die Baukunst der Zisterzienser leitete zur Gotik über. In den Kirchenbauten des 13. und 14. Jhs. begann sich durchaus nationale Eigenheit abzuzeichnen. Das Hauptwerk ist die Abteikirche Santa Maria da Vitória in Batalha, die in ihren Ausmaßen Notre Dame in Paris oder dem Mailänder Dom kaum nachsteht.

Die Kunst der Zisterzienser ist arm an plastischem Schmuck. Hoch entwickelt war allein die Grabmalkunst. Hier seien als Beispiele das Grab der Santa Isabel im Kloster von Santa Clara in Coimbra und die drei Grabmäler von Alcobaça erwähnt: Königin Beatrix, Peter I. (Pedro I.) und Ines (Inês) de Castro. Die auf dem Sarkophag liegende Gestalt, von sechs Engeln getragen, lässt sich mit keinem anderen Werk vergleichen. Einfacher ist das Doppelgrab Johannes I. (João I.) und Philippas von Lancaster (Filipa de Lancastre), in der Stifterkapelle von Batalha. 30

2.4.2 Manuelinischer Stil
König Emanuel (Manuel, 1495 - 1521) brachte sein Land zu wirtschaftlicher und kultureller Blüte. Die Baukunst Portugals erlangte im Emanuelstil, der sich in der Dynastie von Avis (Aviz) entwickelte und mit ihr ebenfalls auslief, ihren Höhepunkt. Im Kreuzgang des Klosters von Batalha ist dieser Stil zum erstenmal fassbar geworden: Französische, maurische und orientalisch-indische Schmuckformen verschmolzen miteinander und brachten eine märchenhaft exotische Kunst hervor.

Die manuelinische Architektur begann sich im ganzen Land auszubreiten. Ihr berühmtestes Beispiel ist das Hieronymus-Kloster (Convento dos Jerónimos) in Belem vor Lissabon, das in zwei Bauphasen errichtet wurde. Die erste ab 1502 brachte noch spätgotischen Flamboyant-Stil hervor, die zweite ist rein manuelinisch. Ein Meisterwerk ist der zweistöckige Kreuzgang (unten im Bild, 4,50 Euro Eintritt, betrachten Sie es als Spende), der seine Fähigkeit, die Architektur zum Träger einer pretiösen Dekoration zu machen, offenbart. Als die Klosterkirche von Tomar (rechts Fenster) vergrößert werden sollte, wurde ebenfalls João de Castilhos berufen, der vor allem die Portale schuf. 31
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Die mit viel Liebe zum Detail in Stein gemeißelten exotischen und ozeanischen Motive der Dekoration kannte die abendländische Kunst bis dahin nicht. Seegetier, wie Kraken, Seesterne, Korallen und Muscheln, nautische Instrumente wie Armillar-Sphären und Windrosen, Schiffszubehör, wie Anker, Netze, Seilknoten und gedrehte Taue, ferner tropische Blüten, Blätter und Pflanzen sowie das Christusritterkreuz, das Zeichen der portugiesischen Entdecker, die Krone und das „M" für Manuel, aber auch Fabelwesen und Meeresungeheuer - Details, die alle von Portugals größter Zeit erzählen, von den Entdeckungen in Übersee, welche dem Land eine kurze wirtschaftliche und kulturelle Blüte bescherten. 32

2.4.3 Azulejos
Die Portugiesen lieben Kacheln - so sehr, dass sie ihre Häuser außen und nicht nur innen damit schmücken. Überall in Portugal findet man sie: Azulejos (sprich: asuléschusch), bemalte und glasierte Keramikplatten: an den Wänden von Kirchen, Klöstern, Palästen und Bürgerhäusern, sie schmücken Veranden, Parkbänke, Brunnen und Treppen, man findet sie auf Fußböden, in Rathäusern, Postämtern, Markthallen, Bahnhöfen. Mal enthalten die Fliesen nur schön gemalte Ornamente oder exotische Pflanzen und Tiere, mal erzählen sie aus der portugiesischen Geschichte, dann schildern sie die griechische Mythologie. Sie zeigen die schönsten Orte, dienen als Straßen-, Hausnummern- oder Firmenschild oder Stadtplan (unten rechts von der Lissaboner.maurischen Oberstadt Alfama).

Die bemalte und glasierte Fliese stammt aus dem persischen Raum. Die Mauren brachten die Azulejos auf die iberische Halbinsel mit. Der Name kommt vom arabischen „az-zuleycha (= Mosaikstein) und nicht etwa vom spanischen oder portugiesischen azul (= blau). 33
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Portugal ließ sich bis zum Ende des maurischen Königreichs in Granada von dort beliefern. Im 16. Jh. entwickelten italienische und flämische Keramiker die Majolika-Technik, erste Azulejo-Manufakturen entstanden in Lissabon, Porto und Coimbra. Statt ornamentalem Dekor wurde die figürliche Darstellung populär. Vorherrschende Farben waren Blau und Gelb (auch Grün und Weiß). Im 17. Jh. kamen „Azulejos de tapete in Mode: großflächige, teppichähnliche, von Randfliesen mehrfach eingefasste Kompositionen, die alle nur denkbaren Themen aufgriffen: christliche Legenden, historische und patriotische Ereignisse, Jagdmotive, auch amouröse Szenen. Und praktisch sind die Azulejos auch: Sie schützen vortrefflich vor Feuchtigkeit, Hitze und Lärm, halten die Fassade sauber und sorgen für eine längere Haltbarkeit der Gemäuer. 34

Im östlichen Lissabon, im früheren Klarissenkloster Medre de Deus ist das Museu Nacional do Azulejo. In wunderbarer Weise werden hier die sakralen Räume des Kreuzganges (oberer Stock mit Prof. Matthée im Jahr 1997 vor dem Wandbild der Stadt Lissabon vor der Zerstörung von 1755) und der Kirche mit ihrem exzellenten Kachelschmuck verbunden mit einer Geschichte der Keramik. Es ist eine sehr umfangreiche Sammlung portugiesischer und ausländischer Keramikfliesen, die wirklich sehenswert ist.

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