4 Die Kirchen und Klöster
4.1 Dietkirchen

Dietkirchen - der Name bedeutet „Volkskirche". Hoch über der Lahn, nur wenige Kilometer von Limburg, erhebt sich auf schroffem, steil zum Wasser ab fallenden, Kalkfelsen die Kirche mit ihren zwei verschieden hohen Türmen und einer hölzernen Brücke dazwischen. Sie bildet einen der architektur- und kunstgeschichtlichen Höhepunkte im Lahngau. 57

Die katholische Pfarrkirche St. Lubentius gehörte ehemals zum Stift St. Lubentius und Juliana. Die Anfänge gehen ins 8. Jahrhundert zurück. So nennt sich Dietkirchen die zweitälteste noch bestehende Kirche in Deutschland - nach St. Michael in Fulda. Die romanische Kirche entstand über den älteren Fundamenten vom 11. bis frühen 13. Jahrhundert und wirkt doch wie aus einem Guss. Sie ist eine dreischiffige Emporen-Basilika mit Flachdecke und gewölbtem Querhaus. 58

Anfang der 1960er Jahre wurde der Innenraum durchgreifend restauriert - und purifiziert. Die Bemalung der Mittelschiffdecke wurde wieder hergestellt. So bietet sich wieder das Bild wie um 1150. Der Raumeindruck wird wieder bestimmt durch einen Wechsel von Hell-/Dunkel-Zonen. Das nach oben aufhellende Mittelschiff von beachtlicher Höhenentwicklung bei nicht allzu großer Breite wird auf drei Seiten von der gedrückten Niedrigkeit finsterer Abseitenräume begleitet.

4.2 Arnsburg
Das Kloster wurde 1151 in der Altenburg über den Trümmern eines Römerkastells für die Benediktiner gegründet. 1174 wurde es dem Zisterzienserorden übertragen. An die heutige Stelle wurde es 1197 verlegt. In den beiden folgenden Jahrhunderten gewann das Kloster vor allem von Stiftungen riesigen Grundbesitz, der zwischen Marburg und Darmstadt Anteile an mehr als 253 Orten und mehrere feste Stadthäuser umfasste. Es wurde zum bedeutendsten Kloster der Wetterau. 59

Klosterkirche und Klausur wurden im 13, das Konventsgebäude im 18. Jahrhundert errichtet. Erhalten blieb nach der Säkularisation 1803 der Ostflügel (Sprechraum, Dormitorium und frühgotischer Kapitelsaal). 60

Das Kloster fiel an die Grafen von Solms-Laubach. Die Kirche ist heute nur noch eine Ruine, in deren Vorhalle sich eine evangelische Kapelle befindet. Im Kreuzgang ist heute ein Kriegsgräber-Friedhof.

4.3 Hersfeld
Bereits um 740 bestand eine erste Missionsniederlassung. Um 775 wurde ein Kloster gestiftet, das von Karl dem Großen privilegiert und mit Schenkungen ausgestattet wurde. Die Siedlung wurde um 1170 Stadt genannt. Im 17. Jahrhundert sprudelte die erste Heilquelle. 61

Uns interessierte die Stiftsruine, eine der bedeutendsten Kirchenruinen des deutschen Mittelalters. Reste der Hallen-Krypta im Chor, das durchgehende Querhaus und im Westbau ein Gegenchor sind noch zu erkennen. Die mehr als meterbreiten Kapitelle der Arkaden im Mittelschiff sprechen für die Dimensionen der Kirche.

Heute ist Bad Hersfeld Festspielort. Die Stiftsruine wird mit einem Zeltdach "berührungslos" überspannt und innen mit einer Zuschauer-Tribüne ausgefüllt. Die Besichtigung ist verboten, wie uns ein eilig herbei geradelter Mann klar machte, als wir schon innerhalb der Mauern waren.

4.4 Haina
Im Naturpark Kellerwald zwischen Edersee, Marburg und Bad Wildungen liegt der kleine Ort Haina. Hier steht eines der besterhaltenen Zisterzienserklöster Deutschlands. 62 Die Gründung des Zisterzienser-Klosters wurde um 1140 mit Mönchen aus Kamp versucht, scheiterte jedoch, diese zogen nach Michaelstein weiter. Erst der vierte Versuch gelang 1188 mit Altenberger Mönchen. Der Konvent wurde 1214 in diese idyllische Waldlandschaft verlegt. Als das Kloster 1527 aufgehoben wurde, zählte es auf Grund der von Fritzlar im Norden bis Gelnhausen und Frankfurt im Süden reichenden Besitzungen zu den bedeutendsten landsässigen Klöstern Hessens. 63

In den Klostergebäuden wurde ein Hospital für arme und kranke Männer aus der Landbevölkerung eingerichtet. Da Haina das größte und reichste unter den vier von Landgraf Philipp dem Großmütigen gegründeten Hospitälern war, befand sich hier bis ins 19. Jahrhundert die Gesamtverwaltung der 1533 gestifteten "Hohen Hospitäler". Die Stiftung besteht noch heute in den Psychiatrischen Einrichtungen des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. Die Kirche konnten wir aus Sicherheitsgründen nicht besichtigen.

5 Die Burgen
5.1 Runkel

Wir überfuhren - mit angehaltenem Atem - eine 555 Jahre alte Steinbrücke mit dem Bus. Vom Gegenufer der Lahn sahen wir die Ruine der alten Kernburg aus dem 13. - 15. Jahrhundert mit aufragendem Palas und Türmen.

5.2 Münzenberg
Weithin sichtbar auf lang gestrecktem Bergrücken ist die Burgruine das Wahrzeichen der Wetterau. Die neben der Wartburg bedeutendste hochmittelalterliche deutsche Burg entstand in der Zeit Kaiser Friedrich Barbarossas um 1170 - 80, davon blieben ein Teil der inneren Ringmauer, der Rest das Palas mit Arkadenfenstern und der östliche Bergfried. 64 Der Bergfried ist rund, hat einen hoch liegenden Eingang, ein etwa zehn Meter tiefes Verlies ist überwölbt. Der zwei geteilte Palas ist durch die Nobilität seiner erhaltenen Detailformen ein Höhepunkt romanischer Baukunst. Auf der Außenseite zeigt eine aus acht Bögen bestehende Fensterarkade mit Rundsäule in der Mitte einen herrschaftlichen Saal im zweiten Obergeschoss an. Ein Zugangsportal zu den Obergeschossen mit Kleeblattbogen ist noch vollständig erhalten.
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Der Bau der Burg kann dem Versuch des Staufers Konrad III. zugerechnet werden, die Wetterau als zentral gelegenes Reichsterritorium von Nord-Osten zu sichern. 65 Mit dem Aussterben der Falkensteiner 1418 splitterten die Besitzanteile weiter auf, so dass sie ihren strategischen Zweck der Herrschaftssicherung nicht mehr erfüllen konnte. Die Grafen von Solms als Nachfolger siedelten nicht mehr in der Burg.

Wir umrundeten die Ringmauer und Wenige bestiegen die 99 Stufen im Turm.

5.3 Waldeck
Die Grafen von Waldeck, von denen Prof. Matthée den heutigen Hausherrn Fürst Wittekind kennt, stimmten immer für Preußen von 1816 bis 1866, als Waldeck mit einem Staatsvertrag in Preußen eingegliedert wurde; 1922 folgte auch Pyrmont, das zu Waldeck gehörte. Volkmarsen dient als Gewerbestadt, Bad Wildungen als Staatsbad und Korbach ist heute Kreisstadt; der Mutterfluss ist die Eder.

Die Burg der Grafen von Waldeck - mit achteckigem goldenem Stern auf schwarzen Grund - erhebt sich hoch über dem Stausee der Eder. Torturm und Hauptbau wurden im 16. Jahrhundert erbaut. 66 Das Schloss-Café hatte durchaus entsprechende Preise, aber eher die Qualität einer Kantine. Bezahlt wurde vor allem der Blick auf den Stausee mit den Fährschiffen.

6. Dank

Die Landgraf-Philipp-Reise war meine 25. Exkursion mit Prof. Matthée. Aus diesem Anlass gab es am 23. Mai - einem denkwürdigen Tag mit der Wahl eines neuen Bundespräsidenten - eine besondere Auszeichnung: die Verleihung des silbernen Reiseabzeichens. Als Dank erhielt der Reiseleiter von mir ein Buchgeschenk, das an die 24. Reise erinnert: "Schlösser und Gärten in Böhmen und Mähren".

Auch dem Busunternehmer und -fahrer Herrn Harry Sturm aus der Nähe von Kiel sei gedankt für seine umsichtige und sichere Fahrweise.

Autor und Fotograf: Manfred Maronde, Neuruppin


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1 Deutschland - Porträt einer Nation, Bertelsmann Lexikothek Verlag Gütersloh, 1986, Band 7, Hessen, (DPeN) Seite 281
2 Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Verlag Traugott Bautz, Internet www.bautz.de/bbkl/p/Philipp_g.shtml (BBKL)
3 Ploetz, Weltgeschichte auf einen Blick, Freiburg - Würzburg 1988, Seite 188
4 Internet, www.digam.net/data/digam/dokumente/h2/einf.html „Die Reformation in der Landgrafschaft Hessen"
5 Lexikon der Weltgeschichte (LdWg), Kapp-Verlag oHG Bensheim, 1977
5a Neues Großes Volkslexikon, Fackelverlag Stuttgart 1979 (NGV), Band 6, Seite 594
5b Lexikon der Weltgeschichte, Kapp-Verlag Bensheim 1977, Seite 287
6 DpeN Seite 282
7 LdWg, Seite 91
8 Schatzkammer Deutschland, Verlag Das Beste Stuttgart, 1973/74 (SD), Seite 59
9 Internet, www.arolsen.de
10 SD, Seite 181
11 Internet, www.hadamar.de
12 Internet, www.nassau-oranien.de
13 Faltblatt Schloss Oranienstein
14 Internet, www.weilburg.de
15 SD, Seite 417
16 Neues Großes Volkslexikon, Fackelverlag Stuttgart 1979 (NGV), Band 10, S. 452 f.
17 NGV, Band 10, S. 459
18 NGV, Band 6, S. 343
19 SD, Seite 66 f.
20 Internet, www.bad-homburg.de
20a NGV, Band 4, Seite 37
21 SD, Seite 212
22 Internet, www.idstein.de
23 Broschüre „Schloss Braunfels, Deutscher Kunstverlag München Berlin, Heft 309, 1996
24 Broschüre „Evangelische Marienstiftskirche Lich/Oberhessen", Verlag Schnell & Steiner, München 1982
25 SD, Seite 253
26 Prof. Matthée stritt mit den beiden älteren Damen, die in der Kirche Aufsicht führten. Der Heilige mit dem Bienenkorb sei nicht Bernhard von Clairvaux, sondern der Hl. Ambrosius. Im Kirchenführer steht aber der Heilige Bernhard. In „Die Zisterzienser - Geschichte und Architektur", Könemann-Verlag 1998, Seiten 33, 34 wird der Beiname eindeutig dem Abt. Bernhard zugeordnet. Außerdem in SD, Birnau bei Kloster Salem, Seite 88.
27 SD, Seite 249
28 Faltblatt „Evangelische Stadtkirche Laubach", heraus gegeben vom Kirchenvorstand. Danach „die umfangreichste Privatbibliothek Europas"
29 Internet, www.laubach-online.de
30 Internet, www.homberg-efze.de
31 SD, Seite 209
32 Prestel-Museumsführer „Schloss Wilhelmshöhe Kassel", Seite 8
33 SD, Seite 430
34 Broschüre „Calden - Schloss und Garten Wilhelmsthal", Amtlicher Führer von Wolfgang Einsingbach und Franz Xaver Portenlänger, Bad Homburg v.d.H. 1980
35 Internet, www.dillenburg.de
36 SD, Seite 122
37 SD, Seite 198 f,
38 Internet, www.herborn.de  
39 SD, Seite 121
40 Faltblatt „Begleiter durch die Diezer Stiftskirche"
41 SD, Seite 254 f.
42 SD, Seite 424 f.
43 Internet, www.wetzlar.de
44 SD, Seite 48 f.
45 Internet, www.alsfeld.de
46 SD, Seite 272 ff.
47 Internet, www.marburg.de
48 Bildband „Universitätsstadt Marburg", Verlag Klaus Laaser, Marburg 1995, Vorwort Seite 7
49 SD, Seite 219
50 Internet, www.bad-karlshafen.de
51 Faltblatt „Ideal-Modell der Stadt Bad Karlshafen", Kurverwaltung Bad Karlshafen
52 SD, Seite 381
53 Internet, www.stadt-spangenberg.de
54 Faltblatt „Herzlich willkommen in unserer Kirche"
55 SD, Seite 280
56 Internet, www.melsungen.de
57 Broschüre „Kath. Pfarrkirche St. Lubentius Dietkirchen an der Lahn", Verlag Schnell & Steiner Regensburg 1995/99
58 SD, Seite 120 f.
59 „Klosterführer aller Zisterzienserklöster im deutschsprachigen Raum", Éditions du Signe Strasbourg 1998 (KfaZk), Seite 198 f.
60 SD, Seite 58
61 SD, Seite 66
62 Internet, www.haina.de
63 KfaZk, Seite 208 f.
64 SD, Seite 303
65 Internet, www.muenzenberg.de
66 SD, Seite 411 f.
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