2 Die Residenzschlösser
2.1 Arolsen

Nach der Erhebung der Grafen von Waldeck, 1711, wurde durch Julius Ludwig Rothweil nach dem Vorbild von Versailles die Anlage von Schloss und Stadt großartig geplant, doch zum Teil erst 1811 verwirklicht. 8 Im Schloss, durch das wir geführt wurden, sind drei Repräsentationsräume besonders prächtig, das Treppenhaus, der Steinerne Saal und der doppelt hohe Weiße Saal. Von dem Stuckateur Andrea Callasini wurde der großartige Gartensaal und einige Decken im Obergeschoss verziert. Uns gefielen die Büste von Christian Daniel Rauch, der 1777 in Arolsen geboren wurde, und allegorische Figuren. Die Familie wohnt noch heute im linken Seitenflügel.

Die Stadt Bad Arolsen, mit 12 Ortsteilen, Hauptort in der früheren Grafschaft Waldeck in der Nordwestecke Hessens, hat etwa 18.300 Einwohner. 9 Wir genossen dort eine ausgiebige Mittagsrast, nachdem wir zum großen Teil schon früh in der Nacht aufgestanden waren.

2.2 Hadamar
Die barocke Stadtanlage breitet sich um zwei Marktplätze aus. Die gotische Wasserburg wurde im 16. und 17. Jahrhundert als dreiflügeliges Renaissance-Schloss mit Vorhöfen erneuert. 10 Die „Fürstenstadt Hadamar" rühmt sich mit einem der größten und bedeutendsten Renaissance-Schlösser Deutschlands. 11 Im Schloss, das nicht zu besichtigen ist, sollen die Stuckdecken ebenfalls von Eugenio Castelli stammen, als hier der letzte Fürst Franz Alexander residierte.

Wir bezogen in der Kleinstadt am Elbbach (hat mit dem großen Strom nichts zu tun) das Hotel „Nassau-Oranien" als erstes unserer beiden Standquartiere. 12 Die vorzügliche Küche servierte uns - durch die Wirtin Frau Krämer in wohltuend bescheidener Art - leckere Suppen, Fisch- und Fleischgerichte. Bei abendlicher Dunkelheit haben wir das wenige Minuten nahe Schloss umrundet und sind über die Nepomuk-Brücke gegangen. Am anderen Morgen konnten wir zur Liebfrauenkirche schlendern oder durch die Borngasse an der Rückseite unseres Hotels, wo einige schöne Portale aus der Renaissance erhalten sind.
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2.3 Oranienstein
Das Schloss bei Diez an der Lahn entstand 1672 - 84 auf den Ruinen des ehemaligen Benediktinerinnen-Klosters Dirstein als eines der Stammschlösser des niederländischen Königshauses durch die Fürstin-Regentin Albertine Agnes von Nassau-Diez-Oranien. Ihre Schwiegertochter Amalie von Anhalt-Dessau ließ es 1696 zu einem Barockschloss umbauen. Nach den Plänen von Daniel Marot schufen die Tessiner Castelli und Genone jene herrlichen Stuckaturen an Wänden und Decken, die von Jan van Dyck mit Fresken ausgemalt wurden.
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Napoleon ließ 1811 die gesamte Ausstattung versteigern und das Fürstentum Oranien auflösen, weil Fürst Wilhelm VI. sich weigerte, dem Rheinbund bei zu treten. 1867 wurde Oranienstein eine preußische Kadettenanstalt, die bis 1919 bestand. Die Nationalsozialisten richteten dort 1934 eine „Nationalpolitische Erziehungsanstalt - NPEA - " (oder Napola) ein, die bis 1945 existierte. Französische Truppen besetzten wie schon 1919 das Gelände, das 1947 an das neu gegründete Land Rheinland-Pfalz kam. 13

Der damalige Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Strauß kaufte die Schlossanlage für die Bundeswehr für 1 Mio. DM und ließ sie für 60 Mio. DM restaurieren („teuerste Kaserne Deutschlands"). Der Stab der aufgelösten 5. Nassauischen Panzerdivision gab das Schlossgelände nach 40 Jahren an das Sanitätskommando II ab. Auch wir mussten mit dem Bus die Hauptwache passieren und wurden von Frau Budschies gut geführt. Links im Bild: Prof. Matthée erklärt der Führerin in der calvinistischen Schlosskapelle Wappen.

2.4 Weilburg
Seit 906 gab es auf dem von einer weiten Lahnschleife umzogenen Felsen eine Burg. Der Sohn des Frankenherzogs, Konrad, wird 911 zum König gewählt. Vom Kastell der „Wilineburg" sind keine Reste mehr erhalten. Seit dem 12. Jahrhundert konnten sich hier Nassauer Grafen fest setzen. Im 13. Jahrhundert wurde die Stadt mit Mauern und Türmen befestigt, erhalten ist der alte Wehrurm am Landtor. Im 16. - 18. Jahrhundert entstand eine reizvolle Kleinresidenz. Graf Philipp III. ließ 1535 die alte Konradinerburg abreißen und begann mit dem Bau des Hochschlosses mit seinem malerischen Schlosshof im Stile der nordischen Renaissance, der bis heute fast unverändert erhalten ist. 14

Das vierflügelige Schloss bietet eine Vielfalt von Bauformen vom rustikalen Fachwerk bis zur edlen Renaissance des nördlichen Arkadenflügels. Im 18. Jahrhundert vergrößerte der von Graf Johann Ernst (1683 - 1719) verpflichtete Julius Ludwig Rothweil das Schloss zu einer modernen Barock-Residenz. Hier residierten die Grafen, später Fürsten von Nassau-Weilburg bis 1816. 15 Der Hof siedelte nach Wiesbaden über. Nach dem Krieg von 1866, in dem Nassau mit dem Verlierer Österreich verbündet war, verlor Herzog Adolf sein Land an Preußen. Dafür erhielt er aber das Großherzogtum Luxemburg.

Wir wurden sehr sachkundig durch das Schloss geführt von Herrn Böning, einem 906 gab es auf dem von einer weiten Lahnschleife umzogenen Felsen eine Burg. Der Sohn des Frankenherzogs, Konrad, wird 911 zum König gewählt. Vom Kastell der „Wilineburg" sind keine Reste mehr erhalten. Seit dem 12. Jahrhundert konnten sich hier Nassauer Grafen fest setzten. Im 13. Jahrhundert wurde die Stadt mit Mauern und Türmen befestigt, erhalten ist der alte Wehrurm am Landtor. Im 16. - 18. Jahrhundert entstand eine reizvolle Kleinresidenz. Graf Philipp III. ließ 1535 die alte Konradinerburg abreißen und begann mit dem Bau des Hochschlosses mit seinem malerischen Schlosshof im Stile der nordischen Renaissance, der bis heute fast unverändert erhalten ist.

Das vierflügelige Schloss bietet eine Vielfalt von Bauformen vom rustikalen Fachwerk bis zur edlen Renaissance des nördlichen Arkadenflügels. Im 18. Jahrhundert vergrößerte der von Graf Johann Ernst (1683 - 1719) verpflichtete Julius Ludwig Rothweil das Schloss zu einer modernen Barock-Residenz. Hier residierten die Grafen, später Fürsten von Nassau-Weilburg bis 1816. Der Hof siedelte nach Wiesbaden über. Nach dem Krieg von 1866, in dem Nassau mit dem Verlierer Österreich verbündet war, verlor Herzog Adolf sein Land an Preußen.

Wir wurden sehr sachkundig durch das Schloss geführt von Herrn Böning, einem Oldenburger.

2.5 Wiesbaden
Schon vor mehr als zwei Jahrtausenden bestand rechts vom Rhein eine Siedlung an den Heilquellen, die 122 n. Chr. von den Römern „Aquae Mattiacorum" genannt wurde. 829 wurde der fränkische Königshof „Wisibada" erwähnt. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts kam die Stadt an die Grafschaft Nassau. 16 Seit dem 13. Jahrhundert lebte das Badeleben wieder auf.

Fürst Karl von Nassau-Usingen verlegte 1744 die Regierung nach Wiesbaden. Von 1806 an war Wiesbaden für 60 Jahre Hauptstadt des Herzogtums Nassau.

Antike Pracht widerspiegelt das klassizistische Kurhaus von 1906. Das Schloss wurde 1841 vollendet. Seit 1946 ist es Sitz des hessischen Landtages. Die Marktkirche von 1862 in Backsteinarchitektur (sie erinnert leicht an die Friedrichwerdersche Kirche in Berlin) wirkt wie ein Fremdkörper.

Davor steht das Standbild von Wilhelm I. (1533 - 81) von Nassau, genannt „der Schweiger". Als Graf von Nassau erbte er das Fürstentum Oranien und mehrere niederländische Herrschaften. 1561 nahm er den Widerstand gegen die Spanier auf, der 1568 in einen offenen Kampf führte. Er wurde Statthalter von Holland und Seeland, vier Jahre später auch von Brabant. Nach der „Union von Utrecht" von 1579 sagten sich zwei Jahre später die nördlichen Niederlande von Spanien los. Persönlich religiös indifferent, wurde Wilhelm zu einem der Retter des Protestantismus vor der Gegenreformation. 17
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2.6 Mainz
Gegenüber von Wiesbaden, linksrheinisch, und zugleich gegenüber der Mündung des Main, liegt Mainz. Als Kastell „Mogontiacum" gründeten es 18 v. Chr. römische Legionen. 18 Dieser Ort wurde (neben Colonia Claudia Ara Agrippinensis = Köln für Untergermanien und Augusta Treverorum = Trier für Belgica) Hauptstadt der Provinz Obergermanien. Der frühchristliche Bischofssitz wurde von Bonifazius zum Erzbistum erhoben. Die Erzbischöfe, zugleich Reichskanzler und später Kurfürsten, erwarben als Reichsfürsten Gebiete an Mittelrhein, an der Bergstraße, am Main, in Hessen und Thüringen. 1815 kam Mainz an Hessen-Darmstadt und ist seit 1950 Hauptstadt des Landes Rheinland-Pfalz.

Wir besuchten die auf einem Hügel gelegene Kirche St. Stephanus, nach dem Dom zweitbedeutendste Kirche und erste gotische Hallenkirche am Mittelrhein. Sie hat ein schönes Maßwerk, beachtliche Grabmäler und einen Kreuzgang. Die farbigen Fenster im Chor wurden von Marc Chagall gestaltet.

Wir machten einen Stadtrundgang, der uns auch zum Erzbischöflichen Palais (von Schönborn) führte, in dem heute das Wehrbereichskommando I untergebracht ist. Der Bau wurde mitten im Dreißigjährigen Krieg in Spätrenaissance begonnen und im Barockstil vollendet. Er beherbergt heute das Römisch-Germanische Zentralmuseum. Auch an der Komturei des Deutschen Ordens und dem Zeughaus gingen wir vorbei.

Auf dem Domplatz verliefen wir uns im bunten Getümmel des Wochenmarktes. Wir arbeiteten uns vor zum Marktbrunnen von 1526, den Kurfürst Kardinal Erzbischof Albrecht von Brandenburg gestiftet hat.

Im tausendjährigen Dom St. Martin und St. Stephan interessierten Prof. Matthée lediglich die im hinteren rechten Seitenschiff angebrachten Fenster mit der Wappen-Galerie der Erzbischöfe, die vom 13. bis 18. Jahrhundert hier beigesetzt wurden.
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2.7 Bad Homburg
Bad Homburg vor der Höhe - dieses Gebirge nennen wir heute Taunus, weil dies angeblich schon die Römer taten. Homburg entwickelte sich im Mittelalter zum Hauptort einer kleinen, 1622 - 1866 von hessischen Landgrafen regierten Herrschaft, der Landgrafschaft Hessen-Homburg. Nach 1850 stieg Homburg zum Weltbad auf. 19

Nach dem Mittag wurden wir von einem Gymnasiasten (Foto) durch das Schloss geführt. Der Weiße Turm aus dem 14. Jahrhundert ist Rest einer mittelalterlichen Burganlage. Der große Barockbau von 1680 - 95 ist innen klassizistisch. Vorbildlich fanden wir den „Schokoladiersalon".

An Landgraf Friedrich II. erinnert im Vestibül eines der eindrucksvollsten Kunstwerke des europäischen Barock, die 1704 von Deutschlands großem Bildhauer Andreas Schlüter geschaffene Büste. 20 Er ist der Titelheld des Dramas von Heinrich von Kleist „Der Prinz von Homburg". Der Architekt Georg Moller schuf auch das „Silberbein", eine Protese, mit welcher der Prinz sich sogar im Sattel fortbewegen konnte. Als Reitergeneral des Großen Kurfürsten von Brandenburg hatte er wesentlichen Anteil am Sieg von Fehrbellin 1675.20a

2.8 Idstein
Auf lang gestrecktem Fels sind über der Altstadt ihr runder Bergfried, der Hexenturm und der Torbau von etwa 1500 erhalten und bilden mit späteren Fachwerkbauten eine reizvolle Baugruppe. Nördlich des ehemals tiefen Halsgrabens der Burg wurde seit 1614 auf einem Felsplateau ein Renaissance-Dreiflügelschloss erbaut. 21 Die Grafen von Nassau-Idstein bewohnten es bis 1721. Heute ist dort das Gymnasium und die Pestalozzischule untergebracht.

Die Stadt wurde bereits 1102 erwähnt. Graf Adolf von Nassau war von 1292 bis 98 deutscher König. Nach dem Erlöschen der Linie Nassau-Idstein war die Stadt Sitz des nassauischen (ab 1866 preußischen) Archivs, als Gerichtsort und Sitz eines Oberamtes. 22

In Idstein wurden wir mit einem Stadtfest, dem Weinfest, freundlich begrüßt. Die alte Stadt machte auf uns einen quicklebendigen Eindruck unter schöner Abendsonne.

2.9 Braunfels
Zu Braunfels residierte das Geschlecht von Solms. Dieses Haus erschien zuerst 1129. Urkundlich zeichnete Heinrich I. 1223 als erster mit dem Grafentitel. Er ist Ahnherr aller heute blühenden Linien des weit verzweigten Grafen- und Fürstenhauses. 1418 erbte das Geschlecht große Besitzungen in der Wetterau und teilte sich in die beiden noch bestehenden Stämme Solms-Braunfels und Solms-Lich. Conrad von Solms führte, veranlasst durch seine Gemahlin aus Nassau-Oranien, 1582 das reformierte Bekenntnis ein. Friedrich Wilhelm wurde 1742 zum Reichsfürsten ernannt. Dessen Enkel wurde für den Verlust seiner lothringischen Besitzungen an Frankreich mit den Klöstern Altenberg und Arnsburg entschädigt. 1806 ging das Fürstentum in Nassau auf, bis es mit Wetzlar schon 1815 zur preußischen Rheinprovinz kam. 23 Nassau selbst kam erst 1866 zu Preußen.

Malerische Fachwerkhäuser gruppieren sich um das Schloss, vor dem der Markt wie ein weiter Empfangshof liegt. Auf einer Basaltkuppe erhebt sich die stolze, dreiteilige Burganlage, in der seit dem 13. Jahrhundert die Grafen und Fürsten von Solms residieren.
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Die heutige Gestalt geht auf neugotisch-neuromanische Umbauten (1845 und 1881 - 85) zurück. Besonderen Reiz verleihen dem Burgweg vier spätgotische Tore, die drei äußeren waren zugleich Stadttore. Im Schloss befinden sich im ehemaligen Palas eine Sammlung bedeutender Werke der Plastik und Malerei des 14. - 18. Jahrhunderts, alte Waffen und Mobiliar.

Wir kamen eine Dreiviertelstunde zu früh zur Führung. So konnten wir durch die noch menschenleere Stadt schlendern und den „Stock" ausprobieren. Die Führung war recht anschaulich, aber eher auf die Zielgruppe Kinder ausgerichtet. Mit meiner Schätzung, was eine vollständige Ritterrüstung (auch das Ross mit eingerüstet) wiegt, lag ich mit 1 ½ Zentner richtig.
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2.10 Lich
Lich, in unmittelbarer Nähe des römischen Limes, gehörte in karolingischer Zeit zum einflussreichen Kloster Lorsch. 24 Philipp III. von Solms-Lich errichtete 1316 das Marienstift.

Die ursprünglich turmlose siebenjochige, dreischiffige Hallenkirche ohne Querhaus entstand in spätester Gotik (1510 - 25). Die Stiftskirche wird als der „Dom der Wetterau bezeichnet. Sie ist bedeutend wegen ihres Raumes, der eine bemerkenswerte Vermischung der Spätgotik und der sich langsam entfaltenden Renaissance aufweist, und auch wegen ihrer hervor ragenden Ausstattung; das betrifft vor allem die mittelalterlichen Grabdenkmäler, die Kanzel, das Kruzifix und die Orgel.

Die Orgel hat einen der ältesten hessischen Renaissance-Prospekte aus dem Kloster Arnsburg. Die Rokoko-Prachtkanzel verzieren verzückt bewegte Heiligenfiguren. 25

Wir besichtigten die Kirche. Im Bild: Bernhard von Clairvaux mit Bienenkorb, dieser steht wegen seiner Redegewandtheit für seinen Beinamen „Doctor mellifluus" - "Honig fließender Lehrer". 26

Das Solmssche Schloss war ursprünglich eine vierflügelige Wasserburg aus dem 14. Jahrhundert, die im 17. und 18. Jahrhundert durch den Abbruch eines Flügels geöffnet und barockisiert wurde. Uns erschienen Gebäude und Grundstück in einem wenig gepflegten Zustand.

In Lich wurde 1940 geboren der FDP-Bundestagsabgeordnete, finanzpolitische Sprecher, Mitglied im Finanzausschuss und Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Dr. Hermann Otto Solms-Hohensolms-Lich.

2.11 Laubach
Nach Lich kamen wir nach Laubach, das sich Tor zum Vogelsberg nennt. Die spätromanische Pfarrkirche, ein gedrungener Ostbau aus Chor, Querhaus und Vierungsturm, wurde 1057 zum ersten Mal genannt. Der Turm mit seinen vier verschieferten Giebeln und dem Rautendach ist neben dem der Schottener Kirche das einzige erhaltene Beispiel in Oberhessen und markiert die Ostgrenze rheinischen Einflusses. Um 1700 entstand ein barockes Langhaus mit prachtvoller Orgel.
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Im Innern sind spätgotische Wandmalereien und mehrere Grabdenkmäler. Eines davon ist das von Friedrich Magnus, einem Halbbruder von Philipp dem Großmütigen, von 1563 (Bild links).

Wahrscheinlich schon seit 1520 ist Laubach Sitz der Grafen zu Solms-Laubach. Das Schloss ist eine zusammen gewachsene Anlage von großem malerischen Reiz. Die Kernburg bestand aus Kemenate und gegenüber liegendem Westflügel, beide mit Ecktürmen, der Bergfried stand frei dazwischen. Beim Ausbau zur Residenz der Grafen von Solms-Laubach im 17. Jahrhundert wurden beide Flügel durch einen Quertrakt verbunden. 27 Daraus wurde das Prunkstück der Altstadt, welches das Adelsgeschlecht bis heute bewohnt. Die Schlossbibliothek ist eine der größten europäischen Privatbibliotheken mit 120.000 Bänden. 28 Der Gründer der Bibliothek, Graf Friedrich Magnus, war oberster Hofmarschall des Kurfürsten August von Sachsen und erwarb sich in dieser Funktion große Verdienste um die Universität Wittenberg. Hier lernte er seinen späteren Freund, den Reformator Philipp Melanchthon, kennen, und führte bereits 1544 die Reformation ein. Auch die kostbare Bibliothek des Klosters Arnsburg kam hier her. 29

2.12 Homberg (Efze)
Am Südhang des Burgberges aufgestaffelt, reihen sich die Fachwerkhäuser. Der Marktplatz gehört zu den eindrucksvollsten Fachwerkkleinoden Hessens. 30 Die vom 20. - 22. Oktober 1526 abgehaltene „Homberger Synode", der zu Folge in Hessen die Reformation eingeführt wurde, macht die Stadtkirche St. Marien zu einem Denkmal des Protestantismus. 31 Die weite gotische Halle, ein schmales Seitenschiff und die sieben spätgotischen Stationsreliefs sahen wir nicht, weil uns die Zeit fehlte, um auf die Person mit dem Schlüssel zu warten, jedoch ein breites, lichtes Turmportal mit der Inschrifttafel. Auf dem Markt steht ein modernes Landgraf-Philipp-Denkmal, das sich bei den Fotografen in unserer Gruppe großer Beliebtheit erfreute.

2.13 Kassel-Wilhelmshöhe
Schon aus weiter Ferne grüßt Herkules von der Wilhelmshöhe. Zum Besteigen fehlte - wie schon im Jahr zuvor - die Zeit. Wir hatten einen festen Besichtigungstermin im rechten Seitenflügel, dem einzigen, der von den Kriegszerstörungen nahezu verschont geblieben ist.

Am Hang des Habichtswaldes, über der Stadt, von der die Schnur gerade Achse der Wilhelmshöher Allee herauf führt, wird das Schloss überragt von dem Oktogon, das vom Berggipfel seine Kaskaden nieder sendet. Die beiden Seitenflügel wurden 1786 begonnen, erst später der Mittelbau und zuletzt die kreisbogigen Verbindungstrakte ergänzt. Besonderen Reiz hat der Garten, über den der berühmte Georg Dehio schwärmte: „Das Grandioseste, was irgendwo der Barock in Verbindung von Architektur und Landschaft gewagt hat". 32

Angeregt von italienischen Vorbildern aus der Zeit um 1600, ließ Landgraf Karl (1677 - 1730) eine zu gigantischen Dimensionen gesteigerte Wasserachse konzipieren. Jedoch wurde nur das obere Drittel fertig gestellt. Anregungen des englischen Gartenstils wurden unter Landgraf Friedrich II. (1760 - 85) umgesetzt. Der anglo-chinesische Garten erhielt über 400 Arten von Gehölzen, die aus Europa, Asien und Amerika stammen.

Das Schloss wurde 1798 „Wilhelmshöhe" genannt und 1802 fertig gestellt. Die Raumnutzung änderte sich vom Barock zum Klassizismus: Zuvor bewohnte vom Herrscherpaar der Herr den einen und die Dame den anderen Flügel, ab da der Herr das Erdgeschoss und die Dame die Belle Etage. Bereits während der Zeit des Königreiches Westfalen (1807 - 13), dessen Residenzstadt Kassel war, ließ König Jérôme Bonaparte einige Räume im Empirestil verändern. Er wurde im Volksmund „König Lustig" genannt, denn er feierte viel und konnte nur fünf deutsche Wörter: „Gute Nacht Morgen wieder lustig."

Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen 1866 hielten sich hier zwei Kaiser auf: Von September 1870 - März 1871 wurde hier der nach der Schlacht von Sedan gefangen genommene französische Kaiser Napoleon III. untergebracht. Von 1889 bis 1918 kam die Familie Kaiser Wilhelms II. alljährlich im Sommer nach Wilhelmshöhe.

2.14 Kassel-Wilhelmsthal
Vom Schloss Wilhelmshöhe führt eine neun Kilometer lange Rasenallee zum Schloss Wilhelmsthal beim Dorf Calden. Landgraf Wilhelm VIII. ließ es sich als Sommersitz von 1743 - 54 erbauen - eine köstliche Schöpfung des vollendeten Rokoko. 33 Die Innenausstattung wurde von den Höfen in München und Potsdam inspiriert und spiegelte so die landgräflichen Verbindungen wider. Im Inneren der Drei-Flügel-Anlage, durch das wir geführt wurden, nehmen der große Speisesaal und darüber der Musensaal die Mittelachse ein. Die Gemächer des Landgrafen nehmen das Erdgeschoss, die der Landgräfin das Obergeschoss ein. Die Stuckdekorationen sind im zartesten Rokoko ausgeführt, die Schnitzereien an den Türen sind aus dem massiven Türblatt heraus gearbeitet. Symmetrie bestimmt alle Räume, so wurden auch „Scheintüren" eingefügt. Das Haus hat eine erlesene Ausstattung mit kostbaren Möbeln, Porzellanen und Gemälden, wozu die Schönheitsgalerie von Joh. Heinr. Tischbein d. Ä. gehört. Dazu einen krassen Gegensatz bilden die schlichten Lakaienstübchen und die große Küche mit Herd in der Mitte und „Bratenwendemaschine", 34 die von einem Uhrwerk angetrieben wurde.

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